Forschungs-Exzellenz ist anziehend

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Im Albert Einstein-Jahr ist der Tirol-Tag beim Forum Alpbach dem Forschungszentrum für Physik

an der Universität Innsbruck gewidmet. von tilmann märk und erich gornik

Sich mit den besten Hochschulen der Welt messen", ist momentan ein heißes Thema für europäische Universitäten. Die eth Zürich will unter die ersten zehn Eliteuniversitäten der Welt vordringen, die Humboldt Universität Berlin soll die Nummer 1 in Europa werden und die Leopold-Franzens Universität Innsbruck (lfui) möchte sich unter die Top 100 der Weltspitze einreihen. Zurzeit wird auch in Österreich über Eliteuniversitäten diskutiert. Jeder weiß, dass Spitzenleistungen jeder Art, sei es in der Kunst, im Sport, aber auch in der Wissenschaft, bestimmte Voraussetzungen brauchen. Insbesondere brauchen sie starke finanzielle Unterstützung, eine kritische Masse an Humankapital und Zeit, um sich entwickeln zu können.

Exzellenzbereiche schaffen

Daraus folgt, dass Spitzenleistungen an einer (österreichischen) Universität nur in wenigen thematischen Bereichen möglich sein werden. Gelingt es jedoch solche Bereiche zu schaffen, so hat das eine Reihe von positiven Folgewirkungen, diese Exzellenzbereiche werden zum Maßstab, Exzellenz zieht ausländische Spitzenwissenschafter und Studierende an, und die Universität wird ein attraktiver Partner für die regionale Wirtschaft.

Die Leopold-Franzens Universität Innsbruck ist keine "Eliteuniversität mit beschränktem Zugang", jeder kann sich an der lfui inskribieren, aber es gibt an den meisten der neu gegründeten Fakultäten Bereiche von internationaler Spitzenqualität. Eine erhebliche Zahl von ForscherInnen und LehrerInnen besitzen einen hervorragenden internationalen Ruf.

Im Rahmen der Neustrukturierung ug 2002 wird an der lfui gerade das zukünftige Forschungsprofil diskutiert, wobei dieses Vorhaben in einem mehrstufigen kommunikativen Prozess zwischen dem Rektorenteam, den Fakultäten und den Forschern erarbeitet wurde. Höhepunkt war ein dreitägiges Symposium im Herbst 2004 im universitätseigenen Universitätszentrum Obergurgl, an dem im Humboldtschen Sinne FoscherInnen aller Fakultäten gemeinsam mögliche Schwerpunktsthemen diskutierten. Es hat sich gezeigt, dass es quer über die Universität fast an jeder Fakultät (bzw. auch über Fakultätsgrenzen) hinweg einen oder mehrere Forschungsschwerpunkte gibt, die strenge Auswahlkriterien, was Exzellenz, Kohärenz, Internationalität und Drittmittelfinanzierung betrifft, erfüllen.

Forschung ist nicht nur wichtig für die Ausbildung bzw. für das internationale Niveau der Ausbildung, sondern dient auch und vor allem der Wissensvermehrung und der Suche nach neuen Erkenntnissen. Ein Land wie Österreich braucht diese Forschungsergebnisse dringender denn je, um in der heutigen hoch technisierten und international vernetzten Wirtschaft den hohen Lebensstandard, den wir uns in den letzten 60 Jahren erarbeitet haben, zu bewahren. Es ist daher das erklärte Ziel der lfui, das bereits vorhandene hohe Forschungsniveau zu erhalten, beziehungsweise Forschung in Zukunft noch mehr in den Vordergrund zu stellen und die lfui als exzellente Forschungseinrichtung weit über die Staatsgrenzen hinaus zu etablieren.

Gemäß dem EU-Lissabon-Prozess

In der Beschreibung des Lissabon-Prozesses wird festgehalten, dass die eu das Ziel hat, sich zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu entwickeln. Die Ausbildung von Forscherinnen und Forschern, die Entwicklung von ForscherInnenkarrieren, wie auch die Notwendigkeit die Zahl von höchstqualifizierten UniversitätsabsolventInnen zu erhöhen wird immer wichtiger, vor allem, wenn es um den Aufbau und Ausbau der europäischen bzw. österreichischen Forschungskapazitäten geht.

Eine der Maßnahmen um diese Ziele an der lfui zu erreichen ist die Errichtung von Spitzeneinrichtungen (centers of excellence) um dadurch die Qualität der Forschung und Ausbildung zu erhöhen. Im Entwicklungsplan der lfu Innsbruck sind daher Forschungsschwerpunkte, Forschungsplattformen und Forschungszentren vorgesehen, wobei es sich dabei um den Zusammenschluss mehrerer international anerkannter ForscherInnen bzw. Forschergruppen mit dem Ziel der kohärenten gemeinsamen Bearbeitung eines zentralen Schwerpunktthemas handelt.

Forschung auf höchstem Niveau ist das bestimmende Element dieser Schwerpunkte, sie sollen wesentliche Einrichtungen im österreichischen bzw. europäischen Forschungsraum darstellen. Die enge Zusammenarbeit von renommierten Senior-ForscherInnen mit jungen Talenten garantiert dabei auch eine hervorragende Ausbildung der Postdocs und PhD Studierenden.

Eines der zwei an der lfui vorgesehenen Forschungszentren (centers of excellence) ist das Forschungszentrum für Physik (fzp). Dieses Zentrum basiert auf den drei international ausgewiesenen Physik-Schwerpunkten der lfui, und zwar der Quantenoptik, der Ionenphysik/Plasmaphysik und der Astrophysik/Teilchenphysik. Im Rahmen der Neuausrichtung des Tiroltages war es nur konsequent, im Jubiläumsjahr 2005 des "annus mirabilis Albert Einstein" die Leistungen dieses Zentrums der Öffentlichkeit vorzustellen.

Karriere in Industrie & Wissenschaft

Dabei sollten nicht nur Vertreter dieses centers of excellence zu Worte kommen, sondern auch ehemalige StudentInnen, AssistentInnen und ProfessorInnen, die inzwischen Karriere in Industrie und Wissenschaft im Inland und Ausland gemacht haben. Es sollte auch der Bogen zwischen exzellenter Forschung in Tirol, Transfer von Forschungsleistung und Anwendung in der Tiroler Wirtschaft gespannt werden.

Tilmann Märk ist Vizerektor für Forschung an der Leopold Franzens Univ. Innsbruck.

Die Universität Innsbruck bringt immer wieder hervorragende wissenschaftliche Leistungen hervor, die auf Grund der Größe der Gruppen und des Umfeldes eigentlich nicht zu erwarten sind. Dies gilt für Gebiete der Naturwissenschaften wie der Geisteswissenschaften bis zur Medizin. Ich werde versuchen die Besonderheit des Standortes am Beispiel Physik aus meiner Erfahrung zu beschreiben.

1979 wurde ich nach Innsbruck berufen; kurz davor war ich aus den USA nach Österreich zurückgekehrt. Die Bedingungen im damaligen Institut für Experimentalphysik waren deprimierend. Es gab praktisch keine experimentelle Infrastruktur, der Unterschied zwischen den Bell Labs und dem kleinen Provinzinstitut schien unüberbrückbar. Der einzige Lichtblick im Bereich der experimentellen Physik war die Gruppe Ionenphysik, die international anerkannt war.

Ein akademischer Geist spürbar

Mit guten Berufungszusagen und einigen wenigen Mitarbeitern, die ich aus Wien mitgenommen hatte, begann ich mehrere experimentelle Richtungen aufzubauen. Neben neuen wissenschaftlichen Fragestellungen wie den Eigenschaften von Elektronen in den gerade erfundenen Halbleiter Quantenstrukturen wurden Themen wie die Entwicklung neuer Laser, die Herstellung von Dünnschicht Solarzellen und von Infrarot Detektoren begonnen.

Dabei kam sehr schnell der Vorteil des Standortes zum Tragen: Gute Vernetzung mit den Kollegen innerhalb des Fachgebietes aber auch quer über die Universität schafft eine gute Arbeitsatmosphäre. Die Struktur einer Fakultät, in der ein akademischer Geist spürbar war, war auch hilfreich. Auf Grund der Beschränktheit der Mittel hat man sich sehr stark auf die Lehre konzentriert und eine Ausbildung auf hohem Niveau insbesondere in der theoretischen Physik angeboten. Dies führte zu einer nennenswerten Zahl von motivierten und ausgezeichnet ausgebildeten Studenten.

Das neue Gebiet der Halbleiterphysik sprach viele Studenten an und innerhalb weniger Jahre hatte sich eine Gruppe von 15 Mitarbeitern formiert, die damit eine kritische und konkurrenzfähige Größe erreicht hatte. Bereits nach vier Jahren stellten sich die ersten internationalen Erfolge ein. 1984 gab es einen Vortrag auf dem Weltkongress der Halbleiter in den usa über eine sehr grundlegende Arbeit: "Die spezifische Wärme von quantisierten Elektronen". In den folgenden Jahren haben meine Studenten in mehreren Gebieten Durchbrüche erzielt, die mir im Jahre 1987 und 1988 mehrere Rufe an ausländische Universitäten einbrachten u.a. einen Ruf an das Max Planck Institut für Festkörperforschung in Stuttgart.

Wodurch kam der Erfolg zustande? Es ist vor allem eine Führungskraft mit Ideen, Visionen und Ehrgeiz notwendig, die die besten Studenten motivieren kann, an aktuellen wissenschaftlichen Fragestellungen mitzuarbeiten. Wenn das gelingt, hat man fast schon gewonnen. Das Schwierigste ist dann letztlich eine kritische Masse exzellenter Mitarbeiter mit verteilten Qualitäten zusammenzustellen, die der Gruppe eine Eigendynamik verleihen.

Ideen, Visionen und Ehrgeiz

Dies scheint in Innsbruck besonders gut zu gelingen, wie die Beispiele Zeilinger, Zoller, Blatt, Märk und Grimm zeigen. Es ist daher kein Zufall, dass der überwiegende Teil meiner Studenten mit internationalen Universitätskarrieren aus meiner Innsbrucker Zeit stammt. Dies sind u. a. Ralph Höpfel, Manfred Helm, Karl Unterrainer, Claire Gmachl und Gottfried Strasser.

Man muss sich allerdings die Frage stellen, warum man einen Platz , an dem man so erfolgreich war, verlässt? Ich kann das klar beantworten: Als experimenteller Physiker ist man interessiert, dass seine Ideen auch realisiert werden. In der Halbleiterphysik ist dazu ein technologisches Umfeld notwendig, das Investitionen in der Größenordnung von mindestens zehn Millionen Euro pro Gruppe erfordert. Diese Größe schien mir in Innsbruck nicht umsetzbar, sodass ich das Angebot der Technischen Universität München, an der Errichtung des Walter Schottky Institutes mitzuarbeiten, annahm. Dieses Institut wurde zusammen mit der Firma Siemens mit einem Kostenaufwand von insgesamt 30 Millionen Euro für die Einrichtung von drei Lehrstühlen auf dem Gebiet der Halbleiterphysik realisiert.

Kritische Größen aufbauen

Zusammenfassend kann man folgende Erfolgskriterien definieren, die in Innsbruck sehr gut umgesetzt werden: Man muss in erster Linie auf höchste Qualität bei der Berufungspolitik Wert legen; führende Köpfe sind eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Genauso wichtig ist eine Atmosphäre, die die besten Studenten anzieht. Das dritte Kriterium ist die Fokussierung auf wenige thematische Felder, in denen man kritische Größen aufbauen kann und damit international konkurrenzfähig ist. Vielleicht war Ende der achtziger Jahre die Zeit für diesen Prozess noch nicht reif. In den letzten Jahren ist in Innsbruck eine Konzentration auf wenige Themen umgesetzt worden, mit dem deutlich sichtbaren Erfolg auf dem Gebiet der Quantenoptik und der Quanten- Kommunikation weltführend zu sein. Wenn ich dazu ein wenig beitragen konnte, hat sich meine Innsbruck Zeit mehr als bezahlt gemacht.

Erich Gornik ist Geschäftsführer der Austrian Research Centers GmbH, Wien.

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