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Der Rotstift setzte bei manchen Posten aus

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„In den letzten Jahren ist die Zahl der Studenten rapid angestiegen. Im Wintersemester 1975/76 studierten an den österreichischen Universitäten und Kunsthochschulen 86.349 Studenten; gegenüber 1969/70 ist dies eine Zunahme um 32.598 oder 61 Prozent. Dieser große Zustrom konnte ohne die dramatischen Schwierigkeiten, wie wir sie aus dem Ausland kennen... bewältigt werden. Zweifellos ein Erfolg der Regierungspolitik, die einen besonderen Schwerpunkt auf die Bereiche Wissenschaft, Bildung und Forschung legt...“ Stolz vermerkt die Beilage zur Budgetrede des Finanzministers die Leistungen seiner Kollegin Hertha Firnberg: seit der Gründung des Ressorts stieg der Gesamtaufwand um vier Milliarden oder 139 Prozent.

Dann aber muß Androsch feststellen, daß es in diesem Tempo nicht mehr weitergehe - die budgetpolitischen Sparmaßnahmen lassen für 1977 keine Ausweitung im gewohnten Ausmaß zu. Mit einem Gesamtausgabenrahmen von 6,9 Milliarden liegen Wissenschaft und Forschung nur mehr um 2,5 Prozent über dem Vorjahr. Trotz einer Inflationsrate von rund acht Prozent Die Zahl der Dienstposten wurde um 36 verringert - trotz einer um rund 10.000 höheren Studentenzahl, trotz vermehrten Verwaltungsaufwandes infolge des

Universitätsorganisationsgesetzes, speziell der Neuschaffung von 14 Fakultäten.

„Trotzdem werden bei den Universitäten, den wissenschaftlichen Anstalten, den Bibliotheken und der Forschungsförderung die Personalausgaben um 210 Millionen auf 2,676 Milliarden steigen“, wird weiter versichert Das ist um 8,5 Prozent, also etwa um den Satz der Gehaltserhöhungen, mehr. Im Detail aber zeigt sich das Bild so:

•Im Ministerium selbst steigen die Personalaufwendungen von 37,2 auf 41,4 Millionen, somit um 11 Prozent.

•An den Universitäten erreicht die Steigerung schon nur mehr 7,7 Prozent

•Im Bundesdenkmalamt dessen Aufgaben durch das Jahr des Denkmalschutzes enorm gestiegen sind - es erhält im nächsten Jahr auch wieder so viele Mittel, wie im „Aktionsjahr“ 1975 -, muß sich das Personal mit einer Steigerungsrate von sechs Prozent begnügen.

•Nur die Kunsthochschulen, die noch einen erheblichen Nachholbedarf zu decken haben, können mit einer Erhöhung von 186 auf 210 Millionen Personalausgaben einen Sprung um 15 Prozent verbuchen.

„Hingegen zeigt der Sachaufwand eine Abnahme um 95 Millionen“, heißt es weiter, da die bisher hier veranschlagten Bauraten für das Allgemeine Krankenhaus nun im Bauressort untergebracht wurden. Ohne diesen Posten steigt der Sachaufwand aber um 6,2 Prozent (also weniger, als die Inflationsrate ausmacht). Den Universitäten etwa sollen 1977 mit 1.691 Millionen Schilling um 128 Millionen oder sieben Prozent mehr an Sa-chaüfwand zur Verfügung stehen, wobei vor allem die lebensnotwendigen Posten, wie Energieaufwand, Postgebühren, Reinigung durch Unternehmungen u. a., spürbarerhöht wurden-Post, E-Werk und Reinigung lassen sich nichts abhandeln. Dem entsprechend mußte alles „nur Wünschenswerte“ oder sonst Kürzungsanfällige mit dem Bisherigen auskommen oder Kürzungen in Kauf nehmen. Man hört, daß eine der Universitäten, die aus dem vergangenen Jahr noch Schulden von 2,5 Millionen für ihren „Primitivaufwand“ - Licht, Reinigung, Reparaturen - offen hat, 1977 weniger bekommen soll als im laufenden Jahr.

Im Sachaufwand mußten - abgesehen vom AKH - auch noch andere Großbauten untergebracht werden:

•110 Millionen für sonstige Klinikbauten,

•106 Millionen für das Universitätszentrum Althanstraße (Wirtschaftsuniversität und Zoologieinstitute)

•13 Millionen für das Blockheizwerk Innsbruck

•60 Millionen für den Chemieturm Linz.

•60 Millionen für die Klagenfurter Universität für Bildungswissenschaften

•203 Millionen Förderüngszuwen-dung für Seibersdorf

•116 Millionen CERN-Beitrag

•15 Millionen für die österreichische ESRO-Spacelab-Beteiligung

•3 Millionen für die Kunsthochschule Linz

•2 Millionen für das Borromäum Salzburg.

„Für die Studienförderung an Universitäten und Kunsthochschulen ist 1977 ein Betrag von 290 Millionen ausgewiesen - 1976 waren es 285 Millionen.“ Aber abgesehen von der Inflationsrate, die eine Erhöhung um mindestens 20 Millionen erfordert hätte, sind in diesem Studienjahr auch voraussichtlich um rund 10.000 Studenten mehr zu betreuen, ganz abgesehen auch von den verstärkten Anforderungen an die studentischen Organisationen infolge der Mitverwaltung. Im Detail sieht sich das dann so an:

•österreichische Hochschülerschaft: von 1,98 auf 1,88 Millionen,

•Mensen von 8,9 auf 8,S Millionen,

•Studentenheime: von 36,3 auf 31,8 Millionen

verkürzt, wobei zum letzten Posten die weitgehend unveränderten Ansätze zugunsten verschiedener heimfördernden Organisationen hinzukommen.

Dann geht's weiter zur Forschung: „Im Bundesvoranschlag 1977 wurden die Ausgaben für die Forschung in etwa auf dem gegebenen Niveau fortgeführt, Steigerungsraten sind dem Rotstift des Sparbudgets zum Opfer gefallen“, wird festgestellt Insgesamt gibt es für die Forschung 3,9 Milliarden, um 4,5 Prozent mehr als 1976.

Das gilt aber keineswegs einheitlich:

Die beiden Forschungsförderungs-fonds bleiben faktisch auf der Höhe von 1976: der „Tuppy“-Fonds mit 144 nach 143 Millionen, der „Harmer“-Fonds der gewerblichen Wirtschaft mit 170,4 nach 169,9 Millionen.

Dagegen kann die Ludwig-Boltz-mann-Gesellschaft ihre 19,3 Millionen dieses Jahres auf 24,3 Millionen im nächsten aufstocken und damit die stolze Zuwachsrate von guten 25 Prozent erzielen. Und dies, obwohl die Boltzmanngesellschaft ihre Institute ausschließlich an bestehenden (Uni-versitäts-)Instituten untergebracht hat, also kaum Fixkosten zu decken hat. Die Akademie der Wissenschaften dagegen, deren Institute zu einem guten Teil bereits über eigene Einrichtungen verfügen - die dementsprechend versorgt werden müssen - darf ihren 79,3 Millionen von heuer stolze 30.000 Schilling hinzufügen. (Ein gewisser „Nachschlag“ von fünf Millionen kam erst im Finanzausschuß nach Intervention der Freiheitlichen auf Kosten des CERN-Beitrages hinzu.) Die Studiengesellschaft für Atomenergie (Seibersdorf), der mit der verstärkten Energieforschung und der Auseinandersetzung um die Kernenergie besondere Aufgaben zufallen, erhält drei Millionen zusätzlich und steigt auf 155,8 Millionen (Bundeszuschuß).

Es seien auch ein paar positive Punkte aus dem Budgetkuchen herausgepickt: der Austausch mit dem Ausland wird durch die merkbare Steigerung der Ansätze für Gastlehrer, Gastbesuche, Information und Werbung im Ausland, für die internationale Zusammenarbeit der Universitäten, für Stipendien an Ausländer und für Forschungsstipendien erleichtert Für die mit einem Sparbudget konfrontierten Zurückbleibenden ist dies jedoch nur ein schwacher Trost.

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