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Sind Kondome sicher oder nicht?

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Zum 15. Mal versucht heuer der Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien, Eltern, Lehrern und Schülern Orientierung im „Schulbuchdschungel” zu liefern. Denn im März ist die Schulbuchauswahl für das nächste Schuljahr zu treffen. Im Text „Blütenlese & Lob” hat der Familienverband 511 Schulbücher/Unterrichtsmittel unter die Lupe genommen, von denen 70 Prozent als unbedenklich, 24 Prozent als teilweise mangelhaft und sechs Prozent als nicht empfehlenswert eingestuft wurden.

Besonders scharfe Kritik erntet neben einer Beihe von Schulbüchern die von der Österreichischen Ärztekammer herausgegebene Aufklärungsbroschüre „Gynnie”, der man Pilleneuphorie im Sinne der Pharmaindustrie vorwirft: „Die erste Regel” ist da schon Anlaß für den Hinweis, daß der Zyklus durch „die Pille reguliert” wird, was wirklich nicht jede(r) „recht erfraulich” finden muß. Doch die Broschüre weiß: „Männer finden die Pille toll”, da „sie ,Sex am besten erlebten', wenn die Partnerin die Pille nimmt.” Erziehung zur Verantwortung beim Geschlechtsverkehr (das stärkste Motiv dafür lautet „Na ja, wenigstens habe ich morgen den anderen was zu erzählen!”) beschränkt sich aufs „Verhüten”.

Eine „Blüte” der Schizophrenie wächst auf Seite 15 von „Gynnie”. Dort heißt es in der linken Spalte: „Kondome sind zur Empfängnisverhütung zu unsicher”, während man in der rechten erfährt: „Unbedingt empfohlen werden Kondome zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten und Aids.” Als positives Gegenbeispiel zu „Gynnie” nennt die „Blütenlese” den Medienkoffer „Materialien zum Thema AIDS”.

Weitere Kritik richtet sich vor allem gegen Lehrmittel, die mit Detailwissen überfrachtet sind oder sich durch eine Fremdwörterflut „auszeichnen”. Der katholische Verband scheut sich auch nicht, ein katholisches Beligionsbuch aus dem Jahr 1970, das völlig überholt ist, aufs Korn zu nehmen und eine „umgehende Neubearbeitung” zu fordern.

Etliche solche Forderungen hat die „Blütenlese” in den letzten Jahren schon durchgesetzt. Auf einen Erfolg weist auch die diesjährige Ausgabe bezüglich des im Vorjahr kritisierten Lehrbehelfes „Bier” hin. Dort wurde Bier als „ein gesundheitsfreundliches Getränk” dargestellt, das der Leber nicht schade, sondern sie „sogar sauber” wasche, Gehirn, Intellekt, Konzentrationsvermögen und Reaktionsschnelligkeit fördere und Spitzensportlern zu besseren Leistungen verhelfe. Der diesjährige Medienkoffer „Bier aus Österreich - natürlich und beliebt wie seine Heimat” weist nun auch auf negative Wirkungen von Alkohol hin, enthält freilich in den Augen des Familienverbandes immer noch problematische Passagen. Das gipfelt in der Aussage, daß Bier „in Maßen genossen ein gesundes Getränk” ist. Auf die Hoffnung, daß alle das richtige Maß finden mögen, sollte man trinken. Prost!

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