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Zauberlehrlinge mit Kulturbesen

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Im Spätherbst haben Wiens Grüne einen Entwurf zu einem Landes-Kulturförderungsgesetz verschickt. Das Echo tönte in Form von Ergänzungen und Vorschlägen zurück: von Konzerthausgeneral Karsten Witt, der die jungen Interpreten mitgefördert haben will, bis zur Musikethno-login Ursula Hemetek, die auf Inter-kulturalität abseits von Folklore. Wert legt, und Interessenten, die die Mindestgrenze von zwei Prozent des Budgets für Kultur beanstanden und auf eine Glaubhaftmachung der künstlerischen Voraussetzungen bestehen. Der Entwurf der Grünen nimmt den bestehenden Vergabemechanismen die Kanten, räumt Kieselchen wie unbegründete Ablehnung aus dem Weg - die Problematik der Kultur in ihrer stadtlich-staatlichen Förderung berührt er nicht. Dabei sind die Klagen über unbeantwortete, unbezahlte Konzepte, jenseits jeder Frist behandelte Eingaben, Zusagen, deren Einhaltung immer wieder verschoben wird und unbegründete Absagen - eine nicht enden wollende Litanei.

Die Grünen wollen sich endlich in einem Bereich profilieren, mit dem man leicht Staat macht: der Kultur. Ihre Parlamentsfraktion begreift Kultur als sehr weiten Begriff von Interkulturalität bis zum zweiten Bildungsweg.

Wo bleibt ein Qualitätsmaßstab? „Diskussionen über Kultur und Kunst können nicht basisdemokratisch geführt werden”, sagt Landtagsabgeordnete Friedrun Huemer und hat damit erkannt, was auch Arnold Schönberg schon wußte. Doch gerade die Frage, ob der einzelne Beamte oder ein Beirat Kultursubventionen vergeben sollen, ist derzeit Diskussionsthema. Möglich wäre eine Kontrolle des Beamten durch einen Beirat. Dieser müßte sich, meint Huemer, nicht nur als Kenner der Szene bewähren, sondern in immer neuen Standortbestimmungen die Parameter seiner Vergabe überlegen. „Beirater”-Tätigkeit wäre dann aber entsprechendes Honorar wert.

Die Demokratie endet bei der Kunst, aber Kunst - die als ein wesentliches Element die Überschreitung bestehender, auch politischer Grenzen will - kann von keinem Gesetz gefördert werden. „Das wäre Staatskunst”, meint Huemer. Trotzdem: Wären nicht autoritäre, von ihrer Auswahl überzeugte Entscheidungsträger gewünscht, die ihren persönlichen und doch fachlich fundierten Wertmaßstab umzusetzen wagen, die aus dem riesigen Kulturangebot nur das in die öffentliche Subvention nehmen, das damit auch sinnvoll gefördert werden kann? Solch grüne Schwerpunkte könnten, meint Huemer, die Bezirkskultur in vorhandenen, zu revitalisierenden Strukturen sein - von den Büchereien zu den Volksbildungswerken -und die Jugendkultur. Für 1996 ist eine Messe der Bezirksaktivitäten wie jene des „Aktionsradius Augarten” geplant - für Huemer nahezu kostenlose Kultur- und Sozialarbeit, die von den Politikern kaum Geld, aber persönliche Anerkennung für die Ausführenden erfordert. Die traditionelle bürgerliche Hochkultur hat diese Bereiche bislang eher als Anhängsel denn als Wirtschaftsfaktor verstanden. Vielleicht auch deshalb, weil sie schwierig auf die politischen Flaggen zu schreiben ist.

Auf die Frage, ob die Grünen nicht auch Kontrollinstanz für zweifelhafte Entscheidungen in der Kulturpolitik sein können, resigniert Huemer: „Das Aufzeigen von Missetaten führte bis jetzt immer zu Briefmarken.” Der politische Weg für das Gesetz sieht das Ersuchen um Stellungnahmen an Kulturstadträtin Pasterk vor und die Verabschiedung des Gesetzes noch vor dem Sommer. Irene Suchy

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