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Republik ohne Stil

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Kürzlich war ich für ein paar Tag in Rom. Jeden Tag ging ich über den prächtigen Platz vor dem Quirinalspalast und beobachtete die Szenerie am Eingang zum Sitz des italienischen Staatspräsidenten.

Zu beiden Seiten des Tores stehen Wachsoldaten in Bersaglieri-Uniformen mit aufgepflanztem Gewehr. Sie salutieren für jeden, der das Tor passiert. In der Einfahrt stehen diverse Wachmänner in verschiedenen prächtigen Uniformen, andere defilieren hin und her. Es geht relativ locker zu, aber nicht ohne Eleganz, und es herrscht eine gewisse Feierlichkeit.

In Wien führt mich mein Weg fast täglich an der Vorhalle vorbei, durch die man den leopoldinischen Trakt der Hofburg betritt, wo der österreichische Bundespräsident residiert. Der Balkon über der Halle gab der ganzen Gegend bis hin zum Bing den Namen „Bellaria“. Die Architektur dieser Halle ist nicht sehr gelungen. Die drei großen gelb-braun gestrichenen Türen erinnern eher an Scheunentore.

In diesen Scheunentoren stehen normalerweise zwei Polizisten in gewöhnlichen Dienstuniformen herum, gelegentlich gesellt sich ein Kabinettsbeamter in dunklem Anzug dazu. Im letzten Sommer war zufällig eine Baustelle im Haus, was dazu führte, daß am Eingang zum Amtssitz des Bundespräsidenten Bauarbeiter in Hemdsärmeln herumlungerten und sich mit den ebenfalls sommerlich locker adjustierten Polizisten unterhielten.

Man mag diese Beiläufigkeit für den Ausdruck republikanischer Verhältnisse halten, wo es eben keinen Pomp für das demokratisch gewählte Staatsoberhaupt gibt. Aber in Wirklichkeit ist es nur Stillosig-keit. Dergleichen wäre in Frankreich völlig undenkbar, ebenso in Italien - beide Staaten sind Republiken, eine davon ist sogar aus einer Revolution gegen ein monarchisches Regime hervorgegangen.

Ein anderes Beispiel: Als vor einigen Monaten der zweite Nationalratspräsident den 60. Geburtstag im Parlament feierte, war die „ganze Republik“ in der großen Säulenhalle des Hohen Hauses versammelt. Weder dem Nationalratspräsidenten noch selbst dem Bundespräsidenten gelang es aber, sich Gehör zu verschaffen. Ein hoher Kulturbeamter war ganz stolz darauf, wie demokratisch man in Osterreich eben sei. Er verwechselte Demokratie offenbar mit schlechten Manieren.

Niemand wird hier dem französischen Vorbild mit seinen steifen Zeremonien und arroganten Allüren nacheifern wollen.

Aber etwas mehr Stil könnte die Bepublik Österreich schon vertragen.

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