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„Twen“ und Pille

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Ungefähr ein Jahr, bevor „Hu- manae vitae" erschien, veröffentlichte die deutsche Zeitschrift „Twen“ eine Artikelserie über die „Pille“. „Twen“ gehörte damals noch dem Springer-Verlag, was sich inzwischen geändert hat. Was sich an der Zeitschrift niemals änderte, ist Unberührtsein von religiösen Dingen. Damals und heute. Es ist so ziemlich das einzige „Unberührte“ in dieser Zeitung. „Twen“ nun stellte eine Rundfrage unter ihren Leser und Leserinnen an, über ihre Erfahrungen mit der „Pille“. Sie druckte die Mitteilungen auch ab.

„Ich habe eine Freundin“, schrieb ein Leser in voller „Twen“-Offen- heiit, „wir mögen uns gern, wir sind oft zusammen. Es kann gar nichts passieren. Denn meine Freundin nimmt die Pille. Ich könnte der glücklichste Mensch sein. Ich bin es nicht. Das liegt an der Pille. Viel öfter als früher gibt meine Freundin den Anstoß zum Beisammensein. Sie hat mich in eine Passivität gedrängt, die mich verletzt, die mich demütigt. Wenn ich unterwegs auf Reisen bin, plagt mich eine Eifersucht, die ich früher nicht kannte- Wa treibt meine: Freundin in meiner Abwesenheit? Allein.. die.. -Tatsache, daß -sie - mit einem anderen zusammen sein kann, ohne Risiko, macht mich rasend.“ „Als die Pille entdeckt wurde“, schrieb eine Leserin, .„schien unser Problem gelöst. Aber nach sechs Wochen wurde das Verhalten meines Mannes zurückhaltender. Die Pille löste bei Ihm eine ausgesprochene Unlust aus. Erst als ich ihm erklärte, daß ich die Pille nicht mehr nehme, wurde er wieder zärtlicher. Ich nehme die Pille trotzdem, aber heimlich.“

„Chaotisch wurde mein Leben, als meine Frau anfing, die Pille zu nehmen“, schrieb ein Dritter. „Am Anfang war alles wunderschön. Doch nach ein paar Monaten machte ich eine erstaunliche Feststellung: meine Frau wurde allmählich langweilig für mich. Und zuletzt interessierte sie mich physisch überhaunt nicht mehr. Eines Tages verließ mich meine Frau und heiratete einen anderen.“

„Nachdem ich einige Monate die Pille genommen habe“, schreibt eine weitere Leserin, „kam es mir immer häufiger vor, daß mein Mann mir höflich seine Abneigung klarmachte. Schließlich stellte er mich vor die Alternative, mit mir nur noch in einer Art Geschwistergemeinschaft zu leben.“

Vier Leserzuschriften in einer Zeitschrift, die alles andere als katholisch ist. Und die doch schon aufzeigen, wo die Natur sich gegen die „Pille“ zu wehren beginnt. Sie wurden ein Jahr vor „Humanae vitae“ veröffentlicht, ein Jahr, bevor der Begeisterungssturm sovieler Katholiken für die „Pille“ aufbrauste. Sollten die Katholiken wieder einmal etwas rückschr'ttlich sein?

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