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Voodoo-Kunst, beeinflusst durch Comics und Internet, im "Haus der Völker" in Schwaz.

In den Slums der westafrikanischen Städte wachsen die "Neuen Wilden", die Söhne der traditionellen Künstler Afrikas, heran. Sie kreieren eine ganz andere Art von Malerei und Bildschnitzerei, eine neue bildende Kunst, die unter dem Einfluss von Comics und Internet aus Europa und den USA steht.

Prof. Gert Chesi, Leiter und Eigentümer des innovativen Ethno-Museums "Haus der Völker" in Schwaz/Tirol, präsentiert wieder einmal eine spannende Begegnung mit dem Schwarzen Erdteil. Diesmal sind es der unberechenbare togolesische Nachwuchs-Bildschnitzer Fofo Kossi, der Fotograf und Maler Philip Kwame Apagya sowie einige junge talentierte Schildermaler, die - vor dem Hintergrund des Vodoo-Götterhimmels - zwischen Tradition und Moderne nach eigenen Inhalten und Formen suchen.

"Hier stehen nicht die Werke jener Afrikaner zur Debatte, die in Paris oder London studiert haben, sondern die einer unbekannten Mehrheit, welche nicht im Auftrag europäischer Galeristen oder Sammler arbeitet", sagt Chesi. Er hat die jungen Revoluzzer Westafrikas kennengelernt - oder auch aufgespürt - und will mit dieser Schau die Diskussion, die sich um die neue afrikanische Kunst gebildet hat, relativieren.

Ohne wesentlichen Anspruch auf künstlerische Perfektion lässt Fofo Kossi seine surrealen Gestalten - dem Götterhimmel des Voodoo-Kults entsprungen wie einem "Garten der Lüste" - als zwei- oder dreiköpfige Zauberinnen, Fruchtbarkeitsgötter, fischschwänzige oder schlangenköpfige Tiermenschen etc. im Tiroler Ethno-Museum auftreten: buntkoloriert, fremdartig, witzig- erotisch, an Comicfiguren erinnernd und teils sogar furchteinflößend wie das Phänomen Voodoo selbst, das ursprünglich in Lateinamerika entstanden ist. Deportierte schwarze Sklaven hatten ihre Götter nach Übersee gebracht, wo sich ihre Religion mit dem Christentum zum afro-amerikanischen Synkretismus vermischte. Diese kuriose Mixtur, die sogenannte Voodoo-Bewegung, verbreitete sich durch rückgewanderte ehemalige Sklaven vorerst an der afrikanischen Westküste und wuchs schließlich zu einer Religion der Vielgötterei an, die heute das kultische Geschehen des gesamten Erdteils prägt.

Und weiter - herab vom Olymp in die Niederungen des afrikanischen Alltags! Der ghanesische Fotograf Philip Kwame Apagya, ein gewitzter Bursche, bietet seinen Kunden eine Kulissenwelt der Attraktionen, die der afrikanischen Seele das schenkt, wovon sie mit Sicherheit nur träumen kann. Bei Meister Apagya posiert man, ganz nach jeweiliger Vision, vor einer Luxusküche mit prall gefülltem Kühlschrank, mitten auf einem belebten Flugplatz, im Nobel-Wohnzimmer oder auch am spritzigen Sportflitzer, wie es Television oder Internet vorgaukeln. Alles bei Chesi im Großformat zu bewundern - originell, aber auch irgendwie berührend. Der pfiffige Regisseur malt seine Wunderwelten zum Teil selbst, teils lässt er sie von Plakatmalern herstellen, die wahre Feinspitze der Kunst sind, sich aber durchaus nur als Handwerker verstehen. Sie dienen mit ihren Artefakten den Frisören ebenso willig wie den Cineasten oder den Medizinmännern des Voodoo. Ungeniert agieren sie mit Pinsel und Farbe, entwerfen Horrorszenarien à la Brutalaction oder knalligen Hardsex, der dem netten Durchschnittseuropäer die Haare bergwärts streben lässt - "Revolutionäre, die möglicherweise einer neuen afrikanischen Kunst vorangehen"(Chesi). Die italienische Designerfirma Etro hat jedenfalls ihre neuen Modelle vor den Hintergründen Apagyas fotografieren lassen.

Bis 1. September, täglich 10-18 Uhr im "Haus der Völker" in Schwaz

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