The medium ist the message. Marshall McLuhans Satz von 1964 wird so viel zitiert, weil er auch abseits der ursprünglichen Absicht taugt. Das hat der Pionier der Kommunikationstheorie selbst drei Jahre später in seinem meistverkauften Buch ironisiert: The medium ist the massage. Humor ist, wenn der Setzfehler zur Anregung gerät. (Einem Kollegen wurde einmal "Rotlastigkeit“ zu "Ratlosigkeit“ korrigiert. Er fand das gar nicht lustig.)
McLuhans Medien-Gleichnis von der Glühlampe, die allein durch ihr Dasein Umgebung schafft, passt jedoch exakt zum jüngsten Großeinkauf auf dem Fernsehmarkt: Al Jazeera übernimmt Current TV und gelangt dadurch in 40 Millionen US-Haushalte. Pikanterie am Rande: Mitgründer sowie Gesellschafter des linksliberalen Programms - und nun Berater der arabischen Markteinsteiger - ist der einstige Vize- und 2000 Fast-Präsident Al Gore.
Frei nach McLuhan erzeugt allein die Anwesenheit der CNN-Konkurrenz aus Katar ein Milieu, das auch 11,3 Jahre nach 9/11 noch extrem polarisiert. Immerhin wird Al Jazeera mehr denn je Nähe zum Islamismus vorgeworfen. Der Coup des erdölbetriebenen Info-Kanals wirft aber auch Licht auf die Krise des Informationsfernsehens in den USA. Statt einstiger CNN-Herrlichkeit beherrschen längst Rupert Murdochs üble Fox News das Feld der Kabel-Nachrichtensender. Ted Turners Pionier-Programm ist nur noch Dritter hinter MSNBC.
Fox News sind der medial ärgste Gegner der Demokraten im Allgemeinen und von Barack Hussein Obama im Besonderen. Darin liegt eine Ursache für die Verbindung von Al Gore und Al Jazeera: Der Feind meines Feindes ist mein Freund - auch im globalen Dorf. Doch für seinen Begriff sah McLuhan andere Voraussetzungen: dass elektronische Medien durch Hör- und Sprechkultur die visuelle Kultur ablösen. Aktuell verstärken sie aber die Bildersucht - von YouTube bis aljazeera.com.
* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst
