Arena des Schicksals

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Hector Berlioz' Monumentaloper "Les Troyens" in Salzburg

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Hector Berlioz' Monumentaloper "Les Troyens" in Salzburg

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Keine Menschen aus Fleisch und Blut, sondern entrückte Heroen und vom Schicksal zum Scheitern Verdammte, Gestalten der Mythologie eben: So sah der französische Komponist Hector Berlioz (1803 bis 1869) die Protagonisten von Vergils "Äneis", und so sahen und hörten auch die Gäste der ersten Premiere der diesjährigen Salzburger Festspiele Berlioz' monumentale Oper "Les Troyens", die in fünfeinhalb Stunden (mit Pausen) vom Untergang Trojas und von des Äneas tragisch endendem Zwischenstopp in Karthago auf dem Weg nach Italien erzählt.

Das Archetypische von Berlioz' Figuren wird schon in der Musik deutlich: Der Form und dem Thema nach eine Grand Opera, huldigt "Les Troyens" musikalisch der Geradlinigkeit, dem Verzicht auf in den Augen des Komponisten überflüssige Ausschmückungen und (gerade für die Grand Opera typische) Effekte. Ein Prinzip, das Dirigent Sylvain Cambreling mit dem Orchestre de Paris bravourös umsetzt, ohne dabei je zu analytisch zu werden. Ein Prinzip, das sich auch in Herbert Wernickes Regie und Bühne widerspiegelt.

Wernicke siedelt die Handlung in einem gigantischen Halbrund an, quasi einem überzeitlichen Amphitheater, umgeben von einer hohen Mauer, in der nur ein schmaler Durchbruch einen Blick nach Außen freigibt. Dort schimmert friedlich das endlose Meer, in der Schicksalsarena ringen Gestalten - nicht Menschen - mit ihrem Geschick. Äneas ist mehr lebendig gewordenes Standbild des Urvaters Roms denn Feldherr und Liebhaber. Dass er akustisch nicht kalt wie Stein ist, dafür sorgt der warme Tenor Jon Villars. Das wahre Zentrum der Oper sind jedoch zwei tragische Frauenfiguren, Kassandra und Dido, beide von einer überragenden Deborah Polaski interpretiert. Der trojanischen Seherin und der karthagischen Königin, die sich das Leben nimmt und das künftige Rom veflucht, nachdem Äneas sie verlassen hat, verleiht die Polaski in satten Farben jene Stärke, derer es bedarf, um heroisch zu scheitern.

In weiteren Rollen applaudierte ein begeistertes Publikum Robert Lloyd (Narbal), Toby Spence (Hylas) und Yvonne Naef (Anna), der - Berlioz bewahre!- ein paar Verzierungen herausrutschten.

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