Botinnen einer neuen Zeit

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Gott und die Frauen

An den Frauen liegt es sicher nicht, dass sie in der christlichen Theologie öffentlich so lange keine Rolle spielten. Es liegt schlicht am Patriarchat. Das hat eine sehr einfache, aber wirksame Struktur: Der Mann spielt eine doppelte Rolle, er ist zugleich Spieler und Schiedsrichter. Und so gewann er lange das Spiel.

Das Patriarchat hat in der christlichen Theologie von den späten Schriften des Neuen Testaments über Augustinus und Thomas von Aquin bis zur Gegenwart eine lange und traurige Tradition. Man folgte Aristoteles und sah in Frauen defizitäre Männer; in der Botschaft Jesu aber hat es überhaupt keinen Anhalt. Mittlerweile entziehen sich die meisten Frauen den patriarchalen Zuschreibungen. Erstmals in der Menschheitsgeschichte haben sie Zugang zu höherer Bildung und damit die Chance auf ein männerunabhängiges Leben. Mit dem Patriarchat geht etwas zu Ende, was in praktisch allen Weltreligionen galt und noch im 19. Jahrhundert eine ganz eigene Form gefunden hatte, als man die Sphären von Produktion und Reproduktion trennte, hierarchisierte und geschlechtstypisch auflud.

Da soziale Tatsachen Religionen auf die Dauer nachhaltig formatieren, bin ich gar nicht pessimistisch. Moderne Gesellschaften zwingen Religionen zu Geschlechtergerechtigkeit. Die frauenverachtenden Aufwallungen religiöser Fundamentalismen wären dann Rückzugsgefechte einer untergehenden Zeit, die Theologinnen in Wissenschaft, Publizistik und pastoraler Praxis die Botinnen einer neuen.

Benedikt XVI. hat im Oktober Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin erhoben. Jetzt müssen nur noch die aktuellen Theologinnen ins Bild kommen. In Münster wären das katholischerseits etwa die renommierten Kolleginnen Marianne Heimbach-Steins, Judith Könemann, Dorothea Sattler und Marie-Theres Wacker.

Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz

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