Das Bundeszeichen der Beschneidung

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Nach der Bibel (Gen 17, 9-13) ist die Beschneidung das Bundeszeichen zwischen Gott und dem jüdischen Volk: die Konsekration der Nachkommen Abrahams dem Gott Abrahams. Was passiert, wenn bei männlichen Juden das Bundeszeichen fehlt, also die Beschneidung bei Lebzeiten gar nicht durchgeführt wurde? Fällt bei der Waschung eines männlichen jüdischen Leichnams auf, dass dieser nicht beschnitten ist, so soll sogar dann noch die Beschneidung nachgeholt werden. Sie ist also so wesentlich, dass sie auch noch nach dem Ableben erfolgen soll. Ist es aber dann einem unbeschnittenen Jungen erlaubt, ein Sohn der Pflicht (Bar Mitzwa) zu werden, wenn er das 13. Lebensjahr erreicht hat (Avot 5,24)?

Wäre der Bub nicht authentischer Jude, so könnte er gar nicht Bar Mitzwa werden, weil Nichtjuden lediglich zur Einhaltung der sieben noachidischen Geboten verpflichtet sind. Der Schulchan Aruch (Yore Dea 261) erlegt dem Vater die Pflicht auf, den Sohn zu beschneiden. Wenn der Vater dies versäumt, so sei es Aufgabe der Gemeinde und bei deren Versäumnis Pflicht des Rabbinergerichts. Letztendlich ist der Junge selbst für die Durchführung seiner Beschneidung verantwortlich, wenn er Bar Mitzwa geworden ist. Sonst begeht er eine Sünde, die der Himmel selbst an ihm sühnen wird.

Eindeutig ist aber auch: Wäre er kein Jude, und unbeschnitten, so unterläge er dem Gebot der Beschneidung erst gar nicht - und die Beschneidung würde ihn auch nicht zum Juden machen können. Deshalb wird auch ein unbeschnittener Jude zum Sohn der Pflicht, wenn er das rechte Alter erlangt hat. Und keine Gemeinde darf ihm verweigern, zur Tora aufgerufen zu werden. Damit ist die jüdische Position eindeutig: Ob ein Mensch zum Volk Gottes gehört, entscheidet die Abstammung, die rechte Geburt.

* Der Autor, Rabbiner, leitet das Abraham-Geiger-Kolleg in Berlin |

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