Das Glück bleibt überschaubar

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In "Blue Jasmine“ variiert Woody Allen sein ewiges Thema zum x-ten Mal. Diesmal balanciert eine grandiose Cate Blanchett am Abgrund ihrer Existenz herum.

Was Sie schon immer über Woody Allens Filme wussten, aber bisher nicht zu fragen wagten: "Warum dreht es sich immer nur um das eine Thema?“ und: "Warum gelingt es dem Altmeister, das ‚Stadtneurotiker‘-Thema ad infinitum zu variieren und dennoch sein Publikum zu fesseln und zu amüsieren?“

Damit ist eigentlich alles auch für den jährlichen Film, mit dem uns Woody Allen heuer beglückt, gesagt. Nur die Namen der Charaktere und der Schauspieler(innen) wechseln. Aber ansonsten ist "Blue Jasmine“ einfach more of the same. Gott sei Dank.

Nachdem Woody zuletzt wieder einmal höchstpersönlich auf der Leinwand zu sehen war und wie des öfteren das US-Flair mit einem Reiseprospekt-Europa vertauschte ("To Rome With Love“, 2012), bleibt er diesmal wieder hinter der Kamera sowie in den USA, obwohl ein Gutteil des Films in Kalifornien spielt, das für einen eingefleischten Ostküstler ja wohl beinahe so fremd sein kann wie Good Old Europe.

Daneben kommt auch Wien eine kleine Nebenrolle zu, denn in diese Stadt will der verliebte Diplomat Dwight (Peter Saarsgard) die Titelheldin Jasmine nach der Hochzeit verbringen. Doch wegen Jasmines latent psychotischem Lebenswandel bleibt Sigmund Freuds Wirkungsort bloß eine Episode der Fantasie.

Latent psychotischer Lebenswandel

Dschäsmin, so die lautmalerische Umschreibung der Protagonistin, ist ein durch und durch selbstbezogenes Mitglied der Upper Class von New York und muss sich mit der durch Selbstmord gescheiterten Ehe mit dem nicht ganz reellen Geschäftsmann Hal (Alec Baldwin) mental herumschlagen. Da nimmt sie, die Feine, es sogar auf sich, sich bei der Stiefschwester Ginger (Sally Hawkins), die in der Lower Class verblieben ist, im sonnigen Kalifornien einzuquartieren.

Doch der Klassenunterschied sowie die Durchgeknalltheit von Jasmine, die sich nebstbei anschickt, auch das Beziehungsgeflecht ihrer Schwester zu ramponieren, behindern gerade den beziehungstechnischen Fortschritt ganz ordentlich. Somit bleibt das Glück überschaubar: Jasmine muss sich fragen lassen, wie weit sie sich von den Vordergründen des Lebens hat blenden lassen, und ob die Gebrochenheit, in der ein(e) Woody-Allen-Protagonist(in) zurückzubleiben pflegt, nicht schon darin begründet liegt.

Wie immer hat der Regisseur und Autor ein glückliches Händchen in der Auswahl seiner Schauspieler. In "Blue Jasmine“ ist Cate Blanchett in der Titelrolle zu sehen, sie reiht sich nahtlos in die mittlerweile große Schar von Woody-Allen-Frauenspersonen ein, die in jüngerer Zeit etwa von Penelope Cruz oder Scarlett Johansson verkörpert wurden. Dies mag als Understatement erscheinen: Denn wie so oft bei Woody Allen ist der Grat zwischen Komik und Tragödie, zwischen High Society und tiefem Fall schmal; und auf solchem Grat wandelt Cate Blanchett mit grandioser Sicherheit und ebensolchem Schauspiel. Schon allein dieser komischen Tragischen zu begegnen, macht einen Besuch von "Blue Jasmine“ wert.

Blue Jasmine

USA 2013. Regie: Woody Allen. Mit Cate Blanchett, Alec Baldwin, Sally Hawkins, Peter Saarsgard. Andrew Dice Clay. Warner. 98 Min.

Kritik zu "Oktober November“: siehe Seite 17

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