Das Beste, was im Sinn unserer Massenmedien passieren kann, sind Katastrophen. Das Zweitbeste sind Beinahe-Katastrophen. Eine solche betrifft derzeit die Wiener Albertina. Nur knapp entgingen kolportierte 950.000 Kunstwerke der Vernichtung durch 2100 Liter Regenwasser, die das Depot zu fluten drohten. Allen widrigen Umständen trotzte der beherzte Direktor mit einer Gesamtevakuierung der Bestände. Alles noch mal gut gegangen! Mit der Beinahe-Katastrophe bot die Albertina tagelang Gesprächsstoff. Das Thema Museumsdepot hatte seine „15 minutes of fame“, und schon ist es wieder vom Tisch. Die eigentlich wichtigen Fragen jedoch, die nach einem zukünftigen Umgang mit Museumsbeständen, nach der Bewahrung und Schaffung von „kulturellem Erbe“, blieben unbehandelt.
Sammeln und Bewahren zählen zu den Kernaufgaben der Museen. Manche Häuser wie eben die Albertina oder die Nationalbibliothek waren in den letzten Jahren in der Lage, großzügige neue Speicherräume zu errichten. Andere, wie das Mumok, kämpfen mit Platzmangel und finden für ihre Nöte kein (ministerielles) Gehör. Das vor sechs Jahren eröffnete Lentos ist bereits jetzt am Rand seiner Aufbewahrungskapazität. Angekauft wird – das steht außer Diskussion –, so viel man sich eben leisten kann.
Doch vielleicht sollte man eine grundsätzliche Debatte über das Sammeln beginnen. Haben wir eine Vision der uns folgenden Generationen und davon, was „kulturelles Erbe“ für diese bedeuten kann? Wird es in fünfzig, in hundert Jahren noch Publikum geben, das materielle Zeugnisse künstlerischen Schaffens der Vergangenheit betrachten will? Unsere Verantwortung ist die bestmögliche Vorbereitung der Zukunft. Wir geben uns davon überzeugt, dass Kunstwerke ad infinitum einen kollektiven Wert darstellen werden. Wir tun das Unsrige, damit es so bleibe. Vielleicht tun wir das Richtige. Und wenn nicht?
* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz
