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"Leutnant Gustl" dort, wo Schnitzler diese Novelle schrieb.

Als Arthur Schnitzler seine Erzählung "Leutnant Gustl" in der Weihnachtsnummer 1900 der "Neuen Freien Presse" veröffentlichte, warf man ihm vor, die Standes-ehre und das Ansehen der Armee geschädigt zu haben. Er verlor seinen Offiziersrang. Zu präzise hatte er den Nerv seiner Zeit getroffen und zu entlarvend spiegeln sich im Charakter des "Leutnant Gustl" die eng ineinander verschlungenen Kräfte, welche die Einheit des Vielvölkerstaates bedrohten: die Ängste eines nach oben strebenden Kleinbürgertum, Antisemitismus und Nationalismus. Im Thalhof in Reichenau/Rax, in jenem Kurhotel wo Schnitzler die Novelle schrieb, kann man den "inneren Monolog" des k. u. k. Leutnant auf der Bühne sehen.

Helga David, die unter anderen aus Schnitzlers Briefwechsel mit der Thalhof-Wirtin Olga Waissnix und der Schauspielerin Adele Sandrock Theaterabende formte, hat ihre erfolgreiche Inszenierung aus dem Vorjahr wieder aufgenommen. Sparsam in Szene gesetzt, lebt die Aufführung vor allem vom Text des Schnitzlers und Alexander Rossis intensiver Hingabe an diesen. Sukzessive baut er den Spannungsbogen auf, lässt latente, in der Persönlichkeit verwurzelte Aggressionen bereits spüren, bevor sein Leutnant Gustl aus einem aus heutiger Sicht nichtigem Anlass Selbstmord begehen möchte. Ein Bäckermeister nennt ihn "dummer Bub", eine Beleidigung, die durch ein Duell sofort aus der Welt geräumt werden könnte. Doch der Kontrahent ist Zivilist und damit nicht satisfaktionsfähig. Nuanciert vermittelt Rossi, wie dieser autoritäre, von den starren Normen der Gesellschaft seiner Zeit abhängige Charakter bis in seine Grundfesten erschüttert wird. Ein Abend, der auch vom Publikum hohe Konzentration erfordert.

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