Dialog von Leben und Mysterium

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Die Skulpturen und Zeichnungen von Lois Anvidalfarei entspringen tiefer Ergriffenheit.

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Die Skulpturen und Zeichnungen von Lois Anvidalfarei entspringen tiefer Ergriffenheit.

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Die beinahe priesterlich anmutenden Gestalten des jungen ladinischen Bildhauers Lois Anvidalfarei, geboren 1962 in Pedraces, Val Badia (Abteital), Provinz Bozen, stellen in ihrer klaren Einfachheit individuelle Lösungen in der modernen Kunst dar. Anvidalfarei verwandelt Holz und Stein in Skulpturen, die trotz aller Schwere wie auf Flügeln emporzusteigen scheinen. Bildnerei ist ihm Anfang und Ziel, wie er sagt. Anfang und Ziel eines Weges, den der Künstler in St. Ulrich/Grödental begonnen, mit dem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Professor Joannis Avramidis fortgesetzt und bis heute nicht beendet hat. Seine künstlerische Arbeit ist dem Ladiner Lebensauftrag, dem er mit Intensität und hohem Verantwortungsbewußtsein Folge leistet. Meisterschulpreis, Theodor Körnerpreis und Goldener Fügerpreis liegen an diesem Weg.

Anvidalfarei wirkt seit 1989 als freischaffender Bildhauer im Abteital, wo er auch seinen Bergbauernhof in harter Arbeit im biologischen Sinne bewirtschaftet: "Weitab bin ich von jeglichem aufgeregten Kunst- und Kulturbetrieb. In steiniger Landschaft und großgestalteter Welt der Berge, umfangen von einem stillen Rhythmus bäuerlicher Existenz."

Seine Werkstücke und von tiefer Ergriffenheit geprägten Zeichnungen, wie sie sich derzeit in der Innsbrucker Galerie Maier am Sparkassenplatz darstellen, stehen im Dialog zwischen Leben und Mysterium, berührt von einer Wirklichkeit, die sich hinter dem konkret Erfaßbaren gerade noch erspüren läßt. Es sind Figuren, Beine, Torsi, graphische Köpfe et cetera, die in ihrer Einfachheit groß und in ihrer Stille packend sind.

Einer der ersten Aufträge des Künstlers war der, für seine Heimatgemeinde Abtei einen Gekreuzigten zu schaffen. Dieser zog weitere Sakralaufträge nach sich, die sich zum Teil aus der Unbefangenheit einer langen Tradition entwickeln, andererseits um klare stilistische Gesetze und tiefe Spiritualität bei inneren Eigenleben ringen. "Ich suche das Unbestimmt-Gewußte, es belehrt mich die Hand. Nicht von außen aufgesetzte, vom Ziel her innerliche Gestalt tritt aus dem Werk hervor. Ich staune eigentlich selbst", sagt Anvidalfarei.

Das sparsame bildhauerische Vokabular Anvidalfareis äußert sich zweifach: einmal im streng durchgearbeiteten Zylinder-Kugel-Kubus-Thema, zum anderen im Gleichnis für eine Wirklichkeit hinter dem äußeren Erleben.

Nach dem Gekreuzigten folgen unter anderem die Gestaltung eines Kopfes für das Land Tirol und 1995 die Ausstattung der Kapelle in der neuen Chirurgie der Universitätsklinik Innsbruck mit Altar, Ambo (Lesepult), Kerzenhalter und Gekreuzigtem. Die Sakralmöbel aus Eisen sind ausschwenk- und aufklappbar, also bewegliche sakrale Objekte. Die Figur des Gekreuzigten ist auf einem Sockel mit Rädern gelagert; ein mächtiges Menschenbild - durch eine Drehscheibe bewegbar. Eine Christusgestalt unserer Zeit!

Bald darauf entstehen Tabernakel, Altar und Ambo aus schwarzem Granit, Edelstahl und Lärchenholz für die Pfarrkirche Obervintl im Pustertal - der Altar zeigt im Grundriß die Form eines Herzens -, sowie die Ausgestaltung des Altarraumes der Pfarrkirche St. Pankraz im Ultental. Schwer und leicht zugleich, sind Anvidalfareis Werke Zeugen einer kargen Welt, in der Erde und Himmel sich in gewaltigem Rhythmus zu vereinen scheinen.

Bis 19. Juli 1998

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