Die Renaissance der Santa Maria Dell’Anima

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Die Bruderschaft der Anima in Rom erhält Verstärkung. Neue Mitglieder werden am 4. November willkommen geheißen. Die Anima erlebt seit Jahren eine Renaissance.

Diese Antwort gibt er häufig: "Nein, nein, unsere Bruderschaft ist keine Geheimorganisation. Und Animalen sind keine wilden Tiere“, schmunzelt Franz Xaver Brandmayr. Der Rektor des Päpstlichen Instituts Santa Maria Dell’Anima und Pfarrer der gleichnamigen Kirche in Rom ist es gewöhnt, aufzuklären: "Die meisten Leute haben von der Anima gehört, aber sie wissen nichts Konkretes.“ Was ist die Anima?

Sie ist zunächst die Pfarre der deutschsprachigen Katholiken in Rom mit allem, was eine Pfarre ausmacht, von Kindergruppen bis Seniorenrunden. Gerne wird gefeiert, zuletzt das Oktoberfest. Sie ist zudem Anlaufstelle für deutschsprachige Pilger. Sie können Messen besuchen oder sich Rat rund um ihren Aufenthalt in Rom holen.

Weiters ist die Anima ein Priesterkolleg. Zurzeit sind es 24 Priester aus 11 Ländern, die hier postgraduale Studien absolvieren. Sie nennen sich Animalen, wohnen gratis im Kolleg und arbeiten im Gegenzug in der Pfarre mit. Während der Öffnungszeiten der Kirche steht daher durchgehend ein Priester zur Beichte zur Verfügung.

Schließlich ist die Anima ein Wirtschaftsbetrieb. Zu ihr gehört eine Stiftung, die aus 19 Wohnhäusern (Palazzi) besteht. Sämtliche Ausgaben für Kirche und Kolleg werden durch deren Vermietung beglichen.

Schnittstelle zum Vatikan

Das hört sich nach viel Arbeit für den Rektor an. "Das ist es auch“, bestätigt dieser, "aber es macht mir Freude.“ Sein Vorgänger Johann Hörist hatte mit Sanierungen begonnen, starb aber im April 2007 unerwartet. Seit Jänner 2008 ist Franz Xaver Brandmayr sein Nachfolger. Der Jurist, Theologe und Kirchenrechtler war zuvor 13 Jahre lang Kaplan in Wien und Richter am Wiener Diözesangericht. Dass er während seiner Studienzeit sechs Jahre in Rom gelebt und dabei gelernt hatte, wie man mit "den Römern“ (Zitat Brandmayr) kommuniziert, war vermutlich ein Grund, warum er von den Bischofskonferenzen Österreichs und Deutschlands gebeten wurde, nach Rom zu gehen, um als Schnittstelle zwischen der österreichischen Kirche und dem Vatikan zu fungieren.

Die Anima wurde vor rund 650 Jahren gegründet. Damals betrieben einzelne Nationen für ihre Landsleute Herbergen, Hospize genannt. Für die deutschen Pilger stiftete um 1350 ein holländisches Ehepaar ein Hospiz zu Ehren "beatae Mariae animarum“: die Anima. Es bot Pilgern aus dem Heiligen Römischen Reich Herberge, von Holland bis Österreich. Der Platz ist derselbe wie heute: eine Seitengasse der Piazza Navona, im Zentrum Roms. Die Kirche in der heutigen Form stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert, der Innenraum wurde im 18. Jahrhundert teilweise barockisiert.

Im Jahr 1395 wurde die Stiftung in eine Bruderschaft, eine Art Verein, umgewandelt und 1406 direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Hohe Persönlichkeiten und sogar Päpste und Kaiser wurden Mitglieder (zuletzt Papst Johannes Paul II.). 1518 verlieh Kaiser Maximilian der Bruderschaft das Privileg der Reichsunmittelbarkeit. Sie unterstand direkt dem Kaiser und wurde Teil des Heiligen Römischen Reiches. Die Anima überlebte dessen Untergang 1806, weil sie nicht säkularisiert wurde. Sie und das Fürstentum Liechtenstein sind der real existierende Rest des Reiches. Die letzte Erweiterung erfuhr sie 1859, als das Priesterkolleg für Studierende aus dem ehemaligen Heiligen Römischen Reich eingerichtet wurde.

Die Bruderschaft soll kommunizieren

Franz Xaver Brandmayr ist ein Kommunikator. Er will die Anima zu einem Zentrum der Verständigung zwischen den Ländern nördlich der Alpen und Rom machen: "Es gibt viele kulturelle Missverständnisse. Wenn man miteinander redet, kann man sie ausräumen.“ Die Bruderschaft soll kommunizieren. Die Mitglieder sollen für die Anima eintreten und sie und ihre Anliegen bekannt machen. Beitreten darf, wer eingeladen wird, unabhängig von Religion, Nationalität und Geschlecht. Auf der Mitgliederliste finden sich etwa der Präfekt der Glaubenskongregation, Bischof Gerhard Ludwig Müller und der Autor Gerhard Tötschinger.

Die großen Projekte, die Brandmayr im Sinne seines Vorgängers Hörist weitergeführt hat, sind fünf Jahre nach seinem Amtsantritt großteils abgeschlossen. Sakristei, Bibliothek und Presbyterium sind restauriert. Bis Sommer 2014 wird die Kirche fertig sein, 18 der 19 Palazzi sind saniert.

Eigentlich könnte der Oberösterreicher seine 19-Stunden-Arbeitstage deutlich reduzieren und die Produktion des Limoncello, den er aus den Zitronen, die auf seiner Terrasse wachsen, erzeugt und von dem sogar schon Papst Benedikt XVI. etwas bekommen hat, verstärken, aber das nächste Projekt wartet schon: Die Einleitung des Seligsprechungsprozesses für Papst Hadrian VI. (1459-1523), der in der Anima begraben liegt. Den Mitgliedern der Bruderschaft wird nicht langweilig werden.

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