6672909-1961_08_04.jpg
Digital In Arbeit

DDR. JAKOB WEINBACHER WIEN-ROM-WIEN

Werbung
Werbung
Werbung

Als neuer erster Generalvikar der Erzdiözese Wien wurde Prälat Doktor Jakob Weinbacher — zweiter Generalvikar wurde der bisherige Kanzler Dr. Kari Moser — bestellt. Damit wurde ein österreichischer Priester zum Dienst in seiner Heimatkirche zurückberufen, der in den letzten achteinhalb Jahren ein schweres, verantwortungsvolles Amt in Rom, als Rektor der „Anima“, übernommen hatte. Dienstbereit und pflichtbewußt war er nach Rom gegangen, und um die

große Lücke, die durch den plötzlichen Tod des W.eihbischofs Doktor Streidt entstanden war, mitauszufüllen, kehrt er jetzt in seine Vaterstadt zurück. Jakob Weinbacher ist vielen tausenden Wienern und Österreichern wohl bekannt, dennoch ziemt es sich bei diesem Anlaß, seiner Persönlichkeit im besonderen zu gedenken. Die führenden Positionen in der Kirche in Österreich sind ja gerade seit der Trennung von Kirche und Staat und seit der Enthaltung der Kirche von Parteipolitik im staatspolitischen Sinn aufgewertet und weit über den ekklesiastischen Rahmen hinaus für Volk und Gesellschaft von Bedeutung geworden. Jakob Weinbacher ist von Haus aus ein Wiener Kind, er wurde am 20. Dezember 1901 in der Pfarre Sankt Florian geboren und hat in seiner langen, an Arbeit, Sorgen, Würden, Bürden und Ehrungen reichen Laufbahn nie ein spezifisch wienerisches Element verleugnet: eine Einfühlungsgabe, eine Rücksichtnahme, eine behutsame Menschenfreundlichkeit, die ihn befähigte, auch in sehr andersartigen Typen das Gemeinsame zu sehen und anzuerkennen. Der junge Weinbacher wuchs in den gewitterschwülen letzten Jahren der alten Donaumonarchie heran, seine theologischen Studien in Wien fallen in die Zeit des Umsturzes und die langwierigen Wehen der Ersten Republik. Am 20. Juli 1924 wird er zum Priester geweiht. Zwei Jahre

wirkt er darin als Kooperator in Laa an der Thaya, 1926 wird er zum erzbischöflichen Zeremoniär ernannt. Kardinal Piffl sendet ihn zum Studium des Kirchenrechts nach Rom. 1932 ernennt Kardinal Innitzer ihn zum Sekretär. 1939 verhaftet ihn die Gestapo und verbannt ihn nach Parchim in Mecklenburg. Dort wird er 1943 zum zweiten Male verhaftet und fast zwei Jahre in Stettin im Gefängnis gehalten. Der treue Österreicher, der nie seine Liebe und nie sein Bekenntnis zu Österreich, zum unabhängigen Staat, verleugnet hat, kehrt 1945 nach Wien zurück, wird Domkapitular und mit der Leitung der Caritas beauftragt. Am 4. März 1950 ernennt ihn Kardinal Innitzer zum Generalvikar. Nach zwei Jahren wird ihm eine neue Aufgabe übertragen: am 18. August ernennt ihn Papst Pius XII. zum Rektor der deutschen Nationalstiftung in Rom, Santa Maria dell'Anima. Das heutige Österreich besitzt sowohl in weltlichen weltpolitischen Gremien wie in Rom und in der Weltkirche verschwindend wenige Positionen. Eine der ehrwürdigsten und gerade in den letzten Jahren umstrittensten ist die „Anima“. Früh setzte hier eine gewisse deutsche Expansion an, die gerne einen deutschen Prälaten an der Spitze dieser Stiftung sehen möchte. Es war also mehr als ein internes, kirchenpolitisches Ereignis, als der Prorektor der Anima, Kardinal Pizzardo, am 20. November 1952 in Anwesenheit des öster-

reichischen und des deutschen Botschafters beim Heiligen Stuhl Prälat Jakob Weinbacher im Rahmen einer kirchlichen Feierstunde in sein Amt einführte. Kardinal Pizzardo wies in seiner Festansprache auf die große Bedeutung der seit 1399 bestehenden Stiftung der Anima, aus der eine Reihe von Kardinalen, Erzbischöfen und Bischöfen hervorgingen, hin. Doktor Weinbacher würdigte sodann als Rektor die Verdienste seines Vorgängers, Bischof Hudai, der drei Jahrzehnte lang die Stiftung geleitet hatte. Als Programm wählte er sich den Wahlspruch des seligen Papstes Pius X.: „Alles in Christus erneuern.“

Zum Wohle beider Völker, des deutschen und des österreichischen Volkes, hat Prälat Weinbacher achteinhalb Jahre als Rektor diese Stiftung geführt und alle Verdächtigungen zerstreut. Beide Regierungen konnten ihm dies danken. Bundespräsident Dr. Schärf verlieh ihm 1958 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, Bundespräsident Lübke verlieh ihm 1960 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Nun kehrt dieser aufrechte Österreicher nach Wien zurück. Die Frage seiner Nachfolge in Rom wird Kirche, Staat und Öffentlichkeit in Österreich beschäftigen. Hier erwarten ihn seine vielen Freunde, ein Volk, das ihn nie vergessen hat, und eine große Arbeit.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung