Die schaurige Moritat von Madame Dracula

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Eine blutrünstige Gestalt der Geschichte mimt Julie Delpy in der Verfilmung einer Horrorsage à la Dracula. „Die Gräfin“ spart nicht mit Intrigen und Blut.

Hierzulande ist Julie Delpy als Zufallsbekanntschaft von Ethan Hawke in Richard Linklaters „Wien in 24 Stunden“-Aperçu „Before Sunrise“ in unauslöschlicher Erinnerung. Auch in dessen Pariser Sequel „Before Sunset“ blieb die Schauspielerin im gleichen Rahmen. Selbigen verließ sie auch nicht, als sie 2007 in „2 Tage Paris“ nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch für Drehbuch, Musik, Produktion, Casting und Schnitt verantwortlich zeichnete. Das Publikum mochte das; auf dem Weg zum filmischen Tausendsassa fehlte der Delpy eines: genremäßige Vielseitigkeit. Die kann man nun in „Die Gräfin“ nachsehen, wo die Delpy die Hauptrolle, Regie, das Buch und die Musik übernahm.

Delpy versucht sich hier als historische Dunkelgestalt: Gräfin Erzsébet Báthory ist eine Art weibliches Pendant zu Dracula, die in Ungarn/Siebenbürgen lebte und wegen mindestens 80-fachen Mordes verurteilt worden sein soll. György Thurzó, der Palatin des ungarischen Königs, soll sie 1610 festgenommen haben, sie wurde zu Festungskerker verurteilt, dem sie 1614 erlag. Nach ihrem Tod wurde diese Biografie als Horrorsage weitererzählt: Erzsébet habe Jungfrauen ermorden lassen und dann in deren Blut gebadet.

Diese Blutgräfin (im Film geschrieben: Erzebet Bathory) gibt Julie Delpy. Eine verschmähte Liebe steht hinter den Verbrechen: Einst hatte sie sich in den viel jüngeren Istvan Thurzo verliebt, doch dessen Vater Gyorgy verhinderte die Liaison. Erzebet glaubt, dies alles habe damit zu tun, dass sie zu alt wäre. So verfällt sie dem bizarren Wahn, Baden im Jungfrauenblut könne ihre Jugend retten. Doch die schaurige Moritat nimmt ihren Lauf: Das Treiben wird ruchbar und die Gräfin kommt vor den Richter – und muss erleben, dass die große Liebe nicht ihrer Unvollkommenheit, sondern der eifersüchtigen Intrige des Thurzo zum Opfer gefallen ist.

Großes Gefühlskino, sollte man meinen, resultiert aus solcher Ausweglosigkeit. Julie Delpy hat Hollywood-Größe William Hurt für den filmischen Gegenspieler der Gräfin, Gyorgy Thurzo gewonnen. Daniel Brühl spielt den verhinderten Liebhaber Istvan. Anamaria Marinca, seit dem rumänischen Cannes-Sieg 2008 „4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage“ ein Stern am Filmhimmel, ist als Hexe Darvulia und zwischenzeitliche Bettgespielin der Gräfin mit von der Partie. Mit Ausnahme von Brühl, der mehr ätherisch als authentisch agiert, eine reife Schauspielleistung, aber dennoch kein konzises Ensemble. Kein Durchfall, auch keine wirkliche Offenbarung: Delpy zeigt zwar Mut zur Hässlichkeit. Aber das macht aus einem schaurigen Film noch keine Meisterleistung.

Die Gräfin (The Countess)

D/F 2009. Regie: Julie Delpy. Mit Julie Delpy, William Hurt, Daniel Brühl, Anamariua Marinca. Verleih: Filmladen. 98 Min

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