"Before Sunset": Tête-à-tête bei Kamillentee

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Noch dichter, noch konzentrierter, im besten Sinn dialoglastig: Mit "Before Sunset" ist Richard Linklater gemeinsam mit Ethan Hawke und Julie Delpy ein filmisches Kammerspiel gelungen.

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Noch dichter, noch konzentrierter, im besten Sinn dialoglastig: Mit "Before Sunset" ist Richard Linklater gemeinsam mit Ethan Hawke und Julie Delpy ein filmisches Kammerspiel gelungen.

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Es gibt Filme, bei denen man - ohne viel Federlesens oder schnörklige Kritik - einfach schreiben muss: Hingehen. Anschauen. Für Fans des Vorgängerwerks "Before Sunrise" (1995) ist das sowieso Ehrensache.

Wie Richard Linklater sein Kammerspiel "Before Sunset" inszeniert, macht ihm so schnell keiner nach. Er schreibt die leichtfüßige Romanze, bei der - vor knapp 10 Jahren - Ethan Hawke alias Jessie und Julie Delpy alias Celine miteinander einen Tag und eine Nacht in Wien verbringen, weiter. Ein One-day-and-one-night-stand war das damals, bei dem das Sexuelle allerdings Geheimnis blieb. Dieses Geheimnis lüftet "Before Sunset", dafür lässt der Film die Zuschauer mit neuem Unerklärtem zurück (anders gesagt: Der nächste, dritte Teil der Beziehungsgeschichte ist praktisch schon auf Schienen).

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"Before Sunset" ist noch viel konzentrierter und dichter als sein Vorgänger: Wieder geht es um die Begegnung von Jesse und Celine, diesmal taucht sie bei einer Lesung von ihm in Paris auf: Jesse hat - nicht zuletzt aus seiner flüchtigen Wien-Romanze - einen Roman verfasst und ist auf Promotion-Tour. In Paris hat er noch knapp eineinhalb Stunden Zeit, bevor sein Flug startet. Diese eineinhalb Stunden kosten Jesse und Celine in Echtzeit aus, wieder sind die Dialoge das tragende, köstliche, Esprit-sprühende Rückgrat des Films.

Linklater reduziert Zeit und Ort, für Kleinode an Geschichten, wie es in "Before Sunrise" der Besuch des Wiener Friedhofs der Namenlosen war, ist einfach keine Zeit. So verfolgen Film und Zuschauer immer atemloser das neue Knistern zwischen Celine und Jesse, atemlos auch deswegen, weil das unerbittliche Nahen der Abflugzeit die Spannung steigert: Man will ja wissen, ob aus den beiden nun etwas wird oder nicht.

Das Drehbuch, das Linklater gemeinsam mit Hawke und Delpy verfasst hat, ist in den Dialogen kaum überbietbar: Die drei haben das Script einander so auf den Leib geschrieben, dass alle Grenzen zwischen Darsteller(in) und Rolle zu verschwimmen scheinen. Dazu trägt wesentlich bei, dass auch die Schauspieler zehn Jahre gealtert sind, dass da nun zwei in den Dreißigern vorgeführt werden (und sich selbst vorführen). Auch diese "Echtzeit", die seit "Before Sunrise" vergangen ist, kostet der Film voll aus, und man freut sich förmlich schon darauf, Jesse und Celine in einigen Jahren in der Midlife-Crisis bewundern zu können.

Vergangenheit und Gegenwart, Scheitern und Weitergehen von Beziehungen, American Lifestyle und Savoir-vivre à la Paris, subtile Anklänge an die politischen Verhältnisse: Ethan Hawke und Julie Delpy schöpfen in diesem Dialogfeuerwerk aus dem Vollen, und Linklater führt sie so, dass die Achterbahn ihrer kurzen Beziehung kaum mehr zu übertreffen ist.

Dass die Schlüsselszene mit der alles entscheidenden Frage bei einer Tasse Kamillentee stattfindet, wäre anderswo peinlich oder Anlass zum Slapstick. Doch bei "Before Sunset" fügt sich dies ebenso selbstverständlich in den Lauf der Dinge ein wie die Gewissheit, dass man um vieles klüger, aber im Letzten doch genauso gescheit aus dem Film kommt, wie man hingegangen ist.

Film

Before Sunset

USA 2004.
Regie: Richard Linklater.
Mit Ethan Hawke, Julie Delpy.
Warner Bros. 80 Min.

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