GeliebteKoechin - © Polyfilm

"Geliebte Köchin": Ambivalente Kochkunst

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Juliette Binoche als Maître Eugénie und Benoît Magimel als Gourmet Dodin Bouffant begeistern in Trân Anh Hùngs Historiendrama „Geliebte Köchin“.

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Juliette Binoche als Maître Eugénie und Benoît Magimel als Gourmet Dodin Bouffant begeistern in Trân Anh Hùngs Historiendrama „Geliebte Köchin“.

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Die Köchin Eugénie weiß genau, was sie tut und hat alles im Blick. Die Meisterin ihres Fachs lässt das in der Frühe geerntete selbstgezogene Gemüse in einen Kupfertopf purzeln. Es spritzt, es dampft, es zischt. Mit geübter Hand rührt sie um. Die Abfolge ihrer Handgriffe hat sie exakt getaktet. Geschmeidig nimmt die bravouröse Kameraführung die Vorgänge in ihren Blick und weckt mit ihrer gesammelten Aufmerksamkeit die Freude am Entdecken und Genießen.

Doch „Geliebte Köchin“ will weitaus mehr als die Sinne schulen und die Illusion eines anregenden Besuchs in einem Feinschmecker-Château erwecken. Der Historienfilm über Maitre Eugénie und den Gourmet Dodin ist eine instruktive Kulturgeschichte eines nationalen Symbols samt feinfühliger Darstellung eines sich liebenden Paares.

Dieser in Cannes preisgekrönte Film mit seinem hervorragenden Schauspielensemble spielt Ende des 19. Jahrhunderts, das als „goldenes Zeitalter der französischen Gastronomie“ gilt. So kann das Paar zudem als Allegorie dieser weltberühmten Institution gelesen werden. Dabei vermittelt Trân Anh Hùngs Film, basierend auf einem Roman von Marcel Rouff (1924), nicht nur, wie komplex das Handwerk der Kochkunst und ihrer verschiedenen Küchen ist. Sondern er führt auch vor Augen, dass ihre Kreationen und die Fähigkeit zum Genuss Arbeit und Bildung des Geschmacksinns voraussetzen; diese Kunst verfeinert die Sitten.

Das sanfte, mal kupferfarbene, mal nach Omelette duftende Licht könnte deren Mühen in Vergessen hüllen. Der subtile Film zeigt jedoch auch den Preis dieses Metiers. Einmal krümmt sich die Köchin schmerzvoll, aber die Arbeit zwingt sie schnell zurück an den Herd. Zudem ist ihr Reich nach einer strikten Geschlechterordnung organisiert. Den Ruhm heimsen die Männer ein, sie begründen Traditionen, kochen öffentlich für Adlige und in den aufkommenden Nobelhotels. Mit der Ausbildung der talentierten jungen Pauline verbindet Eugénie die Hoffnung, dass die nächste Generation nicht mehr nur wie sie die kunstvollen Kreationen eines Antonin Carême interpretiert, sondern selbst klassische Rezepte erfindet. Das Machtgefälle offenbart sich auch da, wo ihre Wünsche nach Selbstbestimmung und nach einer Ehe mit dem Feinschmecker miteinander ringen. Nur als Ehefrau könnte Eugénie Dodin zum Bankett eines Prinzen begleiten, aber sie begäbe sich in dessen Verfügungsgewalt.

So gebührt Trân Anh Hùngs facettenreicher und ästhetischer Rückschau auf ein zentrales Kapitel nicht nur der französischen Kochkunst drei Sterne.

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