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Neue Töne aus Ost und West

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Ein fesselndes Zeitdokument, das sich augenscheinlich um größtmögliche Authentizität und Objektivität in der Schilderung der Tatsachen bemüht, ist der ostdeutsche Streifen „Marschbefehl Stalingrad“, der ursprünglich in vier (!) Teilen von jeweils abendfüllender Länge als Fernsehfilm konzipiert war, nun aber in einer auf zwei Abschnitte reduzierten Fassung bei uns gezeigt wird. Der von Günther Reisch dezent und untendenziös inszenierte Streifen besticht vor allem durch vorzügliche Photographie, in die sich zahlreiche geschickt ausgewählte Dokumentaraufnahmen ausgezeichnet einfügen. Im Vordergrund steht ein glaubwürdig erzähltes, packendes Menschenschicksal, wobei echte Konflikte aufgeworfen und in eigener Entscheidung gelöst werden. Der spannend gestaltete Film gewinnt zusätzlich durch die reife Leistung des Darstellers des deutschen Obersten Ebershagen, Erwin Geschonneck, aber auch alle anderen Schauspieler, die bei uns leider durchgehend nicht bekannt sind, verleihen durch ihre ausgezeichnete Rallengestaltung dem Film den Charakter unmittelbarer Zeitnähe. Ein ostdeutscher Streifen also, der durch geschickte Zurückhaltung politischer Propaganda stärkere Wirkung erzielt als durch lautstarke ideologische Phrasen.

Die bei uns vor etwa zwei Jahren in synchronisierter Fassung gezeigte Westernparodie „Cat Ballou“ war damals — vorsichtig ausgedrückt — eine Enttäuschung, da dem Streifen jener letzte Schliff im Dialog fehlte, der den zahlreichen optischen Pointen erst die richtige Wirkung verliehen hätte. Jetzt, da wir den Film auch in Originalfassung sehen können, weiß man mit Sicherheit, was man damals nur vermuten konnte: „Cat Ballou“ war zu Tode synchronisiert worden, kein Einzelfall, wie man weiß. Schon allein die Eindeutschung des Bänkelsängerkommentars — dargeboten von Nat King Cole und Stubby Kaye — war eine Untat. Unbedingt sehenswert wird der Streifen durch seinen — mit dem „Oscar“ ausgezeichneten — Hauptdarsteller Lee Marvin, der sich hier in einer Doppelrolle einerseits als liebenswerter, etwas versoffener Revolverheld der „guten alten Zeit“ präsentiert, anderseits als sadistisches Scheusal mit Silber-nase. Zum Besten, was jemals an Westernparodie geboten wurde, gehören der Zweikampf, der Eisenbahnüberfall und Marvins Kostü-mierungsszene. Als amerikanische Wildwestmoritat, die erst in der nun gezeigten Originalfassung ihre Qualitäten voll entfalten kann, sei „Cat Ballou“ allen Freunden und Kennern dieser Filmsparte bestens empfehlen.

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