Gert Voss statt Krapp

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Becketts "Das letzte Band": Ein Fall von Weinpantscherei.

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Becketts "Das letzte Band": Ein Fall von Weinpantscherei.

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Angeblich sahen wir Krapp, Gert Voss als Krapp in Samuel Becketts "Das letzte Band", auf der Bühne in der Josefstadt, sollten ihn dort sehen, doch was wir sahen, war bloß Gert Voss als Gert Voss. Becketts Krapp hat sich verdünnisiert, ist der Regie entwischt. Derlei passiert leicht, wenn ein Schauspieler meint, er brauche keinen Regisseur, sondern nur ein bißchen Unterstützung von guten Freunden, im konkreten Fall Ignaz Kirchner und Monika Sessler. Und wenn sie dramaturgische Weinpantscherei betreiben und einen Text, der eine dichte halbe Stunde trüge, auf eineinhalb Stunden verdünnen.

Folgerichtigerweise ist die beste Szene des Abends nicht von Beckett: Der Auftritt von Gert Voss als Krapp in jüngeren Jahren. Er ist wunderbar, ist leicht, komödiantisch, ja vielleicht sogar irisch, könnte selbst den jungen Samy Molcho vor Neid erblassen lassen, doch Becketts Geist wendet sich mit Grausen, hat hier nichts mehr verloren. Dem falschen Auftakt folgt ein Musterbuch schauspielerischer Ausdrucksfähigkeit, von allem etwas.

Der einsame alte Mann, der Zwiesprache mit seinen einst auf Tonbändern festgehaltenen Selbstgesprächen hält und der Liebe nachtrauert, die nie ausgelebt wurde, diese tragische, auf ihre Weise große Figur kommt nicht zustande. Voss und seine Helfer haben den Zugang zu ihr nicht gefunden. Hätten sie ihn gefunden, könnte der Abend allerdings nie und nimmer eineinviertel Stunden dauern. Denn Dichte und Zerdehnung von elf Seiten Text auf einen Theaterabend gehen nun einmal nicht zusammen.

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