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Aussichtslosere Lage als zur Zeit von Papa und Baby Doc

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Lebte Graham Greene heute noch, er müßte erneut Haiti besuchen. Der englische Meistererzähler hat in den sechziger Jahren mit seinem Buch „Die Komödianten” das haitianische Herz der Finsternis, verwüstet von „Papa Doc” Francois Du-valier, ausgeleuchtet. Damals schien der Tiefpunkt für Haiti erreicht zu sein.

„Papa Doc”, der seit 1957 mit Killerbanden und Vodoo-Magie die pechschwarzen Kleinbauern beherrschte, starb nach 14 Schreckensjahren. Sein ruchloser Sohn Jean Claude „Baby Doc” mußte 1986 vor einem katholisch inspirierten Volksaufstand (im Gegensatz zum Vodoo vertritt in Haiti die katholische Kirche die progressiven Teile der Bevölkerung) in ein vergoldetes Exil nach Frankreich abfliegen. Intakt blieben jedoch die Apparate der Armee und der paramilitärischen Terrorgruppen („Tontons Macou-tes'7, die in duvalieristischer Tradition die politische Öffnung sabotierten. Auch ein Versuch der französischen Kulturpatronanz, Haitis Armee zu „professionalisieren” (wobei Paris alle Hoffnung auf General Cedras, den Putschisten von 1991, setzte), fruchtete nichts.

So wirkt es fast.wie ein Wunder, daß nach Massakern, zwei militärischen Coups und einer gefälschten Wahl

(1990) die katholischprogressive Volksbewegung erneut die Straßen von Port-au-Prince eroberte und die Foto Reuter_

Wahlen erzwang, die den ehemaligen Salesianerpriester Jean-Bertrand Aristide als populären Kandidaten durchbrachte. Im Februar 1991 übernahm Aristide die Präsidentschaft. Im September 1991 wurde er -sozialpolitisch viel zu radikal

- schon wieder gestürzt.

Es ist inzwischen interamerikanische Maxime, Staatsstreiche in den Amerikas nicht mehr zu dulden. Vor direkten Interventionen, die solche Verfassungsbrüche ahnden sollen, schreckt man allerdings zurück. Insbesondere auch Washington, wo die Erinnerung an die haitianische Bauernguerilla („Cacos”) des Charlemagne Peralte während der US-Besetzung 1915 bis 1934 sehr wohl nachwirkt.

Der militärische Befreiungsschlag wird nach den widersprüchlichen Erfahrungen der USA mit Somalia und Bosnien vielleicht doch erfolgen, denn der US-Kongreß gab grünes Licht für eine militärische Intervention. Inmitten der verhungernden Bevölkerung würde sie auf Beifall stoßen. Militärischer Widerstand ist kaum vorstellbar. Sollte Bill Clinton zögern, könnte die Amtszeit des gewählten Präsidenten Aristide im US-Exil auslaufen - was rechten Lobbies in Washington, für die Aristide zu kompromißlos ist, nur recht wäre.

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