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Die göttliche Muse

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Das Wiener Kunsthistorische Museum unternimmt den ehrgeizigen Versuch, zu ihrem 450. Todestag (25. Februar) eine Dame vorzustellen, die in Italien im letzten Jahrhundert einen „Boom” unter den Feministinnen auslöste, denn sie gilt als die erste Frau, die das Los der Frauen schilderte. Weiters diente sie der Einheitsbewegung des Landes als Ga-lionsfigur.

Für uns ist Vittoria Colonna, Marchesa von Pescara (1490-1547), als Auftraggeberin Tizians und Michelangelos, aber auch als Muse und Brieffreundin des Bildhauers von Interesse. Zu sehen sind unter anderem 15 Originalskizzen des Meisters und seine Sonette an Vittoria.

Vittoria wurde als Dichterin in der Tradition Francesco Petrarcas von ihren Zeitgenossen außerordentlich geschätzt. Sie nannten sie „ladivina”, die Göttliche, V. Colonna und widmeten ihr Verse. Daß sie außergewöhnlich war, bezeugt überdies ihr gemaltes Porträt. Sie wurde bereits zu Lebzeiten mit dem Lorbeerkranz des „poeta incoro-nato” (Petrarca gleich) dargestellt. Kaum sichtbar ist übrigens dieser Kranz auf den Plakaten, die für die Ausstellung werben.

Die Colonna schuf ihrem verstorbenen Mann Ferrante d'Avalos - er war siegreicher Heerführer Karls V. gegen die Franzosen in der Schlacht von Pavia - ein poetisches Denkmal, in dem sie ihn überhöhte und letztlich durch Christus ersetzte. Sie ging noch einen Schritt über ihre Kunst hinaus und lebte auch ihre göttliche Liebe und wurde dadurch selbst zur Verkörperung Uranias, zum Idealbild der Frau des Cinquecento.

Von Geburt war Vjttoria mit zwei der bedeutendsten Familien der apenninischen Halbinsel verwandt - den Montefeltrc von Urbino (Federigo II. war ihr Großvater) und der römischen Familie Colonna (Päpste, Kardinäle und 1 leerführer zählen zu ihren Mitgliedern) - und heiratete in eine weitere wichtige Familie aus dem Umkreis der neapoletanischen Vizekönige ein. Sie verbrachte ihre Jugend am Hofe der Tante ihres Verlobten auf Ischia und erhielt dort eine so umfassende Bildung, wie sie früher nur für einen jungen Mann denkbar gewesen wäre. Durch ihre adelige Herkunft hatte sie Zugang zu den allerhöchsten Kreisen und wurde die Vertraute und Beraterin großer Männer, Fi.oRK.n/., iin i/ikn wie Papst Paul III.

Ihre Nähe zur Reformationsbewegung eines Alfonso de Valdes und Bernardino Ochino brachte ihr fälschlich den Buf einer „Anti-papistin” ein. Schließlich zog sie sich aus Enttäuschung über den gescheiterten Versuch ihrer Gesinnungsgenossen, auf dem Beichstag von Regensburg eine Kircheneinigung zu erzielen, und aus Angst vor der Inquisition immer mehr zurück.

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