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Smetana in Dichtung und Wahrheit

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Gedenktage sind da, um gefeiert zu werden. Das erscheint als eine Plattheit. Aber die politischen Verhältnisse in gewissen Ländern wissen um den zeitgemäßen Rahmen. Heuer ist gerade der 125. Geburtstag Friedrich Smetanas und zugleich der 63. Todestag. Sicherlich, so vermutet man, wird Smetana als das gefeiert werden, was er darstellte: als der Vater der tschechischen Nationalmusik. Aber es kommt anders, wie in einer amtlich zu wertenden Auslassung zu lesen ist:

„Smetana war der Sprecher all der Menschen, die für die Unabhängigkeit ihrer tschechoslowakischen Heimat kämpften“, heißt es da, „sein Geist wirkte gegen die österreichisch-ungarische Monarchie … von den Tiefen bis zu den Höhen …“ Selbstverständlich wird in diesem Zusammenhang Liszts Beisund verschwiegen, durch den Smetana in Prag ein eigenes Musikinstitut gründen konnte, um in seiner böhmischen Heimat überhaupt seßhaft zu werden. Die Unterdrückung und Geringschätzohg, welche angeblich im alten Staate der Kunst Smetanas und seiner Landsleute entgegengebracht wurde, sah ungefähr so aus, wie man in dem Abschnitte „Geistiges Leben in Österreich während des 19. Jahrhunderts“ der 1908 erschienenen Schrift „Österreichs Hort“ nachlesen kann:

„Unter den nidusdeutschen Völkern Österreichs nimmt das tschechische Volk eine besonders hervorragende Stellung in der Musik ein. Ein ganzes Heer von ausgezeichneten Musikern hat Böhmen schon von der älteren Zeit her bis heute den europäischen Orchestern und Theatern zugeführt … Smetana schuf Bedeutendes und Bleibendes … Seine Oper ,Die verkaufte Braut1 gilt auch außerhalb Böhmens als ein Meisterwerk… ,Ma Vlast1 (,Mein Vaterland“) … in kraftvoller und anmutiger Weise… Berühmt ist sein Quartett ,Aus meinem Lehen1.“

Der Kulturwelt seiner engeren Heimat blieb Smetana verbunden, aber seine „Verkaufte Braut“ komponierte er auf einen deutschen Text, den ihm Karl Sabina brachte. Als ihn ein schweres Ohrenleiden zwang, die Stellung als Kapellmeister aufzugeben, war es leider seine Heimat, die ihm unverdiente Geringschätzung erwies und ihn nötigte, im Privatleben von der kärglichen Unterstützung von 1200 Gulden jährlich durch das tschechische Nationaltheater zu leben. Und dafür hatte er noch die Tantiemen seiner sämtlichen Werke diesem Theater überlassen müssen, Beim Gatten seiner Tochter mußte er die letzten Jahre seines Lebens fristen. Daß Smetana für die „tschechoslowakische“ Heimat und für eine Volksdemokratie gekämpft habe, wird dem Meister im musikalischen Olymp ein Lächeln kosten.

Wie singt Esmeralda in der „Verkauften Braut“? „Mit Band und Schnürchen schmücken wir euch gleich, gar ein hübsches Tierchen machen wir aus euch!“ Vergebliche Mühe, die tschechische Volksdemokratie wird mit dem neuen Smetana-Band und den -Schnürchen nicht schöner.

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