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"Only Lovers Left Alive“: Jim Jarmusch und Vampirfilm -Adam und Eve sind in dessen Version des Untotenmythos nicht das erste Menschenpaar. Oder irgendwie doch.

Stimmt ja, dass sich auch Roman Polanski einmal als Vampirfilmer verdingt hat. Und das noch dazu künstlerisch wie kommerziell erfolgreich. Aber eigentlich gelten Filme, die auf den meist tragischen Geschichte von Untoten beruhen, die sich zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang vom Blut der Lebenden ernähren (und diese damit in ihr Reich bugsieren), eher als Trivialkunst. Aber inzwischen gab es ja den Hype der Twilight-Serie und etlicher Epigonen, da kann es einen Independent Filmer doch jucken, sich des vermeintlich ausgelutschten Mythos anzunehmen.

Dass es nun ausgerechnet Jim Jarmusch ist, der mit "Only Lovers Left Alive“ das Genre nutzt und zugleich auf die Schaufel nimmt, mag manche verwundern. Immerhin liegt das letzte größere Opus des Wenigfilmers schon vier Jahre zurück; außerdem stellte "Limits of Control“ 2009 den durchaus interessanten Versuch dar, die einst epochemachende "Nouvelle Vague“ ins 21. Jahrhundert zu retten.

Jarmuschs neuer Film gibt es, was die Entschlüsselbarkeit angeht, dementsprechend billiger. Aber das ist kein Hindernis für Qualität und Relevanz dieser Arbeit, zumal Vampire ja wirklich nicht auf der Sonnenseite des Lebens und der Welt agieren, was einem Arthausfilmer wie Jim Jarmusch sehr entgegenkommt. Und der Meister enttäuscht ganz und gar nicht.

Alternativer Blutbeschaffung

In Detroit, ein globaler Symbolort für den Niedergang, haust Undergroundmusiker Adam. Er versteckt sich in einer heruntergekommenen Bleibe vor der Welt und sammelt so lebensnotwendige Dinge wie E-Gitarren aus dem 20. Jahrhundert. Und er verlässt seine Behausung verständlicherweise nur des Nachts. Zu Adams Unglück lebt seine ewige Flamme Eve eine Transatlantikflugreise entfernt - und zwar im marokkanischen Tanger. Auch die vergleichsweise Lebensfrohe verlässt die maghrebinische Medina aus den bekannten Gründen ausschließlich in der Dunkelheit

Aber weder Adam noch Eve entsprechen den Wesenszügen, die Ihresgleichen zukommen: Ja, sie sind Vampire und brauchen Blut. Deswegen stürzen sie sich keineswegs auf unbedarfte menschliche Zeitgenossen. Sondern Eve holt sich ihren Lebenssaft beim alten Freund Christopher Marlowe in Flaschen, und Adam wird beim korrupten Mediziner Dr. Watson fündig, der ihm Blutkonserven aus dem Krankenhaus verschafft.

Als Eve spürt, wie schlecht es Adam geht, fliegt sie nach Detroit. Doch da taucht unvermutet Eves Schwester Ava auf und bringt die gruselige Idylle in Gefahr.

Schon allein die absichtsvolle Benennung der Protagonisten weist darauf hin, dass es Jarmusch trotz aller gefilmten Düsternis um schwarzhumorige Zitierung von allerlei Menschheits-, Musik- und Literaturgeschichtlichem geht. Todesschwangeren Schwulst und verschmitzte Schrägheit komponiert dieser Regisseur gekonnt zu einer betörenden Hommage.

Dazu schöpft Jarmusch auch in der Darstellung aus dem Vollen: Tom Hiddleston meistert als Adam alle gruftigen Zwischentöne, Tilda Swinton begeistert als sphinxhafte Liebhaberin Eve und Mia Wasikowska spielt als deren Alter Ego namens Ava köstlich auf der Klaviatur der Bockigkeit. Schließlich gönnt der Regisseur Schauspiellegende John Hurt noch einen gebührenden Auftritt in der Rolle des blutbeschaffenden Christopher Marlowe, dessen Namensvetter bekanntlich ein Zeit- und Berufsgenosse von William Shakespeare war.

Only Lovers Left Alive

GB/D/F/CY/USA 2013. Regie: Jim Jarmusch. Mit Tom Hiddleston, Tilda Swinton, Mia Wasikowska, John Hurt. Polyfilm. 122 Min. Ab 26.12.

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