The Dead Don‘t Die - Als die frisch ihren Gräbern entstiegene Horde in Centerville einfällt, stöhnt sie nach WLAN, Schoko­riegeln und Siri … - © Universal

Untote im Konsumdrang

19451960198020002020

„The Dead Don’t Die“: Jim Jarmusch zelebriert in seinem jüngsten Film selbstreferenziellen Schabernack. Seinem Publikum macht es der Kultregisseur damit aber nicht gerade einfach.

19451960198020002020

„The Dead Don’t Die“: Jim Jarmusch zelebriert in seinem jüngsten Film selbstreferenziellen Schabernack. Seinem Publikum macht es der Kultregisseur damit aber nicht gerade einfach.

Werbung
Werbung
Werbung

Schwer zu sagen, was einem mehr Furcht bereitet: Sind es die alten, klassischen Zombies, die ihren Hunger auf Menschenhirn vor sich her röchelten? Oder sind es jene, die sich der amerikanische Independentmeister Jim Jarmusch für „The Dead Don’t Die“ ausgedacht hat, eine augenzwinkernde Kleinstadt-Apokalypse, mit der er diesen Mai das Filmfestival von Cannes eröffnen durfte?

Als die frisch ihren Gräbern entstiegene Horde in Centerville, derzeit noch 738 Einwohner, einfällt, stöhnt sie nach WLAN, Schoko­riegeln und Siri – Konsumdrang mit starkem Verwesungsgeruch. Die Untoten steuern dorthin, wo sie ihr Leben verbracht haben: die Kinder zur Tankstelle mit Comicladen, etliche Erwachsene zum Beispiel zur Eisenwarenhandlung. Das Pärchen, das die Vorhut bildet, wankt wiederum schnurstracks ins Diner, zur Kanne mit dem angeblich weltbesten Kaffee (und, na gut, auch in Richtung Eingeweide der Kellnerin).

Hintergründigkeit und Gesellschaftskritik waren von jeher Teil dieses Genres, das vor 50 Jahren durch George A. Romeros „Night of the Living Dead“ etabliert wurde – auf den sich Jarmusch öfter bezieht. Seine Zombies ähneln auch jenen von damals, sind von der langsamen, dennoch unausweichlichen Sorte. Dafür, dass die Menschen den schleichenden Kreaturen nicht entkommen können, gibt sein Film die denkbar simpelste Erklärung: So steht es halt im Drehbuch.

Kaum sind nämlich die ersten Horrormus­ter angelegt, beginnt zwischen den beiden Hauptcharakteren, dem Sheriff und seinem Deputy respektive ihren Darstellern Bill Murray und Adam Driver, ein Metahumor-Schabernack, in dessen Verlauf die beiden kaum eine Miene verziehen: Was ist denn das für eine Musik? – „The Dead Donʼt Die“ von Sturgill Simpson. – Warum klingt das denn so bekannt? – Weil es der Titelsong ist. Welcher daraufhin bei jeder Gelegenheit mit diebischer Freude angespielt wird, bis die CD irgendwann aus dem Polizeiauto fliegt. Lange braucht es, bis Sturgill Simpson nach dem Kino wieder aus dem System ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung