Haiders Halbwahrheiten

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Die „Süddeutsche Zeitung“ sieht den toten Jörg Haider ins Zwielicht gerückt und Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber in Bedrängnis gebracht.

Einer der wichtigsten Zeugen wird fehlen, wenn die Landtage von Bayern und Kärnten demnächst das Debakel der Bayerischen Landesbank bei der österreichischen Finanzgruppe Hypo Alpe Adria untersuchen. Der frühere Landeshauptmann in Kärnten, Jörg Haider, der als Rechtspopulist europaweit Aufsehen erregt hatte, ist im Oktober 2008 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Alkohol und Raserei beendeten eine der schillerndsten politischen Karrieren Österreichs. Was der erfolgreiche Wahlkämpfer und einstige Chef der rechtsgerichteten Parteien FPÖ und BZÖ über seinen Deal als Kärntner Landeschef mit der Bayerischen Landesbank (BayernLB) zu berichten hatte, ist allerdings überliefert: 51 Seiten umfasst eine Aussage Haiders vom 12. Juli 2007 vor einem Untersuchungsausschuss im heimischen Landtag, der damals bereits das Geschäft geprüft hatte.

Das Protokoll ist ein Dokument, das den Politiker nachträglich ins Zwielicht rückt und Bayerns damalige CSU-Regierung unter Edmund Stoiber nachträglich in Bedrängnis bringt. Denn Haider hat dem eigenen Landtag offenbar nicht alles gesagt, was er wusste, womöglich hat er das Parlament sogar belogen. Und Stoibers Kabinett hat sich von den Kärtnern, die einen finanzkräftigen Partner für ihre angeschlagene Hypo Alpe Adria brauchten, allem Anschein nach über den Tisch ziehen lassen. […]

Untersuchungsausschuss hat nicht aufgeklärt

Im Untersuchungsausschuss sei nicht aufgeklärt, sondern vertuscht worden, mutmaßt nun der Chef der SPÖ im Kärntner Landtag, Herwig Seiser. Die Grünen spekulieren über den Grund für die Geheimniskrämerei. Unter den privaten Investoren, die an der Übernahme der Hypo Alpe Adria durch die BayernLB verdient hatten, seien womöglich auch Kärntner Politiker gewesen, die frühzeitig von dem geplanten Geschäft gewusst hätten; früher als andere. Betreut worden waren die Investoren von dem in Kärnten ansässigen Vermögensverwalter Tilo Berlin, dessen Anwalt alle Verdachtsmomente und Anschuldigungen gegen seinen Mandanten zurückweist. Berlin hatte zuvor unter anderem bei der Deutschen Bank Karriere gemacht und dabei Anfang der neunziger Jahre Haider kennengelernt. Damals war es um Privatisierungsprojekte in Kärnten gegangen, ins Geschäft kamen die beiden damals allerdings nicht.

Später schon, bei der Hypo Alpe Adria. Noch vor der Übernahme durch die BayernLB wurde Berlin, der in Kärnten nebenbei Hochlandrinder züchtet und sich auf seinen Wiesen gerne in Tracht abbilden lässt, neuer Vorstandschef der Hypo Alpe Adria. Haider erzählte dem Untersuchungsausschuss im eigenen Landtag stolz, „unser Mann“ stehe an der Spitze der Bank. Man habe Berlin noch vor dem Deal mit den Bayern etabliert. „Wir haben’s gemacht, und die Bayern haben es geschluckt“, das sei eine „ziemlich coole Sache“ gewesen. Überhaupt sei der Bankvorstand „sehr stark Kärnten-dominiert“.

Haider erzählte auch, wie er mit Stoibers Stützen im Kabinett, Finanzminister Kurt Faltlhauser und Innenminister Günther Beckstein, wegen der Übernahme verhandelt hatte. Die Bayern hätten große Zugeständnisse gemacht und sich zu einer umfassenden wirtschaftlichen Kooperation zwischen beiden Ländern bereit erklärt. Beckstein habe als designierter Ministerpräsident versprochen, sobald er im neuen Amt sei, „Herr Kollege Haider, fangen wir an, über diesen Wirtschaftsvertrag zu verhandeln“. Inzwischen sind Stoiber und Beckstein längst Regierungschefs gewesen, Haider ist tot, und Berlin ist als Chef der Hypo Alpe Adria vorzeitig gegangen. Haiders politischen Erben in Kärnten ergeht es ebenso wie Stoibers Parteifreunden in Bayern: Sie müssen ein von ihren Vorgängern hinterlassenes Banken-Desaster ausbaden.

* Süddeutsche Zeitung, 4. Jänner 2010

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