6903456-1980_36_04.jpg
Digital In Arbeit

Reformfieber und Hypobank-Kopfweh

Werbung
Werbung
Werbung

Eine funkelnagelneue blau-gelbe ÖVP soll am 8. November entstehen: Das jedenfalls ist das Ziel des Reformparteitags der ÖVP Niederösterreich. Kein Wunder, daß mit Hinblick auf dieses „magische Datum" einige ÖVP-Spitzenfunktionäre kaum zu Sommerferien kamen.

Da gab es aber noch etwas, was den Sommer vermieste: Einen hausgemachten „Bankenkrach'J den die SPÖ begeistert zur Entsatzoffensive für den Wiener AKH-Skandal hochzustilisie-ren versuchte.

Was der ÖVP nebst dem Reformfieber Kopfweh bereitet, sind eine Reihe von Spekulationsgeschäften, die Niederösterreichs Hypobank in den vergangen Jahren eingegangen ist. Sie waren offensichtlich für das Geldinstitut und seine Spitzenmanager um einige Schuhnummern zu groß. Nun ist eines dieser Geschäfte nach dem anderen geplatzt. Die Bank mußte bereits Wertberichtigungen vornehmen.

Als Landeshauptmann Andreas Maurer 1978 das „Jahrhundertgeschäft" ankündigte, begann es um die Bank erstmals zu wirbeln.

Der Grund: Auf landeseigenem Boden, auf dem Wiener Ballhausplatz (jahrelang das letzte Getreidefeld in Wiens Innenstadt), sollteein Bürohaus für Landesbeamte errichtet werden. Doch die Gemeinde Wien verwarf die durch internationalen Architektenwettbewerb ermittelten Baupläne.

Da kam ein „Superangebot": Eine Gesellschaft von Wiener „Baulöwen" bot ein fast fertiges Hochhaus in der Wiener Operngasse (angeblich als Hotel geplant) zum Kauf, und erklärte sich bereit, dafür den Ballhausgrund einzutauschen.

Die Landes-SPÖ sprach bald von einem „Rettungsgeschäft" für die HypoBank. Diese hatte nämlich den Bau bevorschußt. Vermutlich war er dann aber nicht anzubringen gewesen.

Die SPÖ witterte aber auch Querverbindungen zwischen der Gesellschaft und der ÖVP. Die Gesellschafter Herbert Januschik und Franz Duval, in Wien als erfolgreiche Spekulanten bekannt, verkehrten nämlich im gleichen Trabrennverein wie Hypo-Direktor Heinrich Müller. Und Müller ist ÖAAB-Finanzreferent. Und Hypo-Re-gierungskommissär Siegfried Ludwig -schon seit Jahren „Maurer-Kronprinz" - ist ÖAAB-Landesobmann von Niederösterreich.

Was die SPÖ-Mannen in ihren Kombinationen übersahen: Müller verwaltet die Gelder des Bundes-ÖAAB.

Am 14. November 1978 boxte die ÖVP-Mehrheit im Land das Tauschgeschäft durch. Das Land kaufte (und bezog inzwischen) das neue Hochhaus um 355 Millionen Schilling. Für 140 Millionen ging der Baugrund auf dem Ballhausplatz an die Verkäufer.

Pikanterie am Rande: Der extra neugegründeten „Ballhausplatz-Verwertungsgesellschaft" schoß die Landes-Hypo die 140 Millionen Schilling vor. Und weitere 20 Millionen, damit das Geschäft zustande kommen konnte. Januschik und Duval sind Mitgesellschafter ...

Im Herbst 1979 verwiesen die drei SPÖ-Kuratoren der Hypobank in einem Minderheitenbericht auf weitere Risikogeschäfte, die kurz vor der Pleite stünden.

Maurer leitete den Bericht an den Rechnungshof weiter, der eben daranging, die Bank zu überprüfen. Kurz darauf erlitt Hypo-Generaldirektor Norbert Otta einen Herzinfarkt. Laut ärztlichem Attest ist er noch immer nicht aussagefähig.

Regierungskommissär Ludwig holte nun den erfahrenen Banker Wolfgang Ulrich in die Hypo. Dieser hielt sich einen Fluchtweg offen: Er ist von der Ersten österreichischen nur karenziert. Und einmal hat er schon mit seiner Rückkehr gedroht: Wenn nämlich der politische Wirbel die Arbeit in der Bank weiter gefährde,...

Der Wirbel geht aber weiter. Die SPÖ-Kuratoren haben inzwischen wegen Verdachts auf Schädigung fünf leitende Hypo-Angestellte angezeigt. Darunter Otta und Müller. Die ÖVP-Kuratoren erstatteten Anzeige gegen Unbekannt.

SPÖ-Landesobmann Hans Czettel, von seinem zweiten Herzinfarkt genesen, schiebt die politische Verantwortung auf Andreas Maurer und Siegfried Ludwig.

Maurer schiebt die Verantwortung der ganzen Regierung zu, da sie die Geschäftsführer der Bank bestellt habe. Ludwig meint, der Regierungskommissär sei nicht Geschäftsführer der Bank. Außerdem seien die Risikogeschäfte mit Zustimmung der SPÖ-Kuratoren eingegangen worden.

Fast hatte es den Anschein, als käme der Hypo-Skandal dem Bauernbündler Andreas Maurer nicht ungelegen. In einer Erklärung - die nachher als „mißverstanden" dementiert wurde - hatte er schön angedeutet, Ludwig als Regierungskommissär treffe zumindest „eine gewisse Verantwortung".

Mit der Hypo-Hypothek belastet, könnte „Kronprinz" Ludwig aber kaum schadlos im Herbst Maurers Erbe antreten. Als „Saubermann" hört man, will Maurer jetzt deshalb noch rasch im Hypo-Skandal ausmisten.

Man wartet auf den Rechnungshofbericht und schweigt daher vorläufig in der Nachfolgefrage. Aber ein „Sündenbock" zeichnet sich ab: Generaldirektor Otta, dem vorerst noch Schweigen ärztlich verordnet ist und dem sein Nachfolger Ulrich „bankunübliches Entgegenkommen" bei den Risikogeschäften nachsagt.

Während des Wartens aber werden Weichen gestellt: Walter Zimper, (AAB-Landesobmannstellvertreter) den Ludwig gerne als neuen Landesparteisekretär sähe, hat mit seinem „politischen Ausschuß" bereitsdieMarschrou-te der ÖVP nach dem 8. November abgesteckt. Und schon Mitte September wird der letzte Mann aus Maurers alter Regierungsgarde, Wirtschaftslandesrat Karl Schneider, Abschied nehmen.nbsp;

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung