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Unfairer Wettbewerb

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„Um das Gedeihen und fruchtbare Zusammenwirken zwischen Wirtschaft und Magistrat“ ging es Gemeinderat Walzer in der ersten Budgetdebatte der Stadt Wien. Walzer und andere durch Koalitionspakt mit den Sozialisten verbundene ÖVP-Rathauspolitiker mußten in den letzten Jahren wiederholt feststellen, daß gemeindeeigene oder gemeindenahestehende Betriebe bei Vergaben von Aufträgen nicht nur bevorzugt behandelt werden, sondern praktisch ohne Ausschredbungs-formalitäten und Kostenvergleiche mit Durchführungen beauftragt wurden.

Eigentlich wollte man von der ÖVP diesmal im großen Stil die Affäre Schlachthof — „Iratercon-struct“, wo die Gemeinde wieder zu ihrer typischen Vergabepraxis an ein gemeindeeigenes Unternehmen geschritten war, aufrollen. Daß es dazu nicht kam, verdanken die Sozialisten der Tatsache,

• daß Vizebürgermeister Dr. Drim-mel als Fraktionsführer der ÖVP den Koalitionspakt nicht gefährden woEte,

• daß die Sozialisten selbst wiederholt auf einen Frühjahrswahl-termin gedrungen hatten, so daß die ÖVP sich Drimmels Meinung anschloß und

• man schließlich glaubte, eine solche Diskussion würde die nunmehr endgültig in sachliche Bahnen gelenkte Schlachthofplanung nur neuerlich gefährden.

Die Schlachthofaffäre zeigte so recht, wie man im Wiener Magistrat,ohne Rücksicht auf Konkurrenz-anbote plant und vergibt. Stellte doch bereits der „Kurier“ am 15. Dezember 1968 fest, Wiens Steuerzahler und vor allem Finanzreferent Vizebürgermeister Slavik könnten sich bei Wirtschaftsstadtrat Doktor Prutscher bedanken, daß der Neubau des Schlachthofes um 300 bis 400 Millionen Schilling weniger kosten wird, als ursprünglich vorgesehen. Denn Prutscher stemmte sich jahrelang gegen die vom Stadtbauamt vorgelegten Initerconstruct-Projekte, die Kosten zwischen 700 und 830 Millionen Schilling vorsah. Bereits im Jahre 1964 hatte Prutscher feststellen müssen, daß die eben erst in Schwung gekommene Neuplammg für St. Marx ohne Kon-kunrenzofferte dem gemeindeeigenen Bauringplanungsbüro Intercon-struct vergeben wurde. Anfang 1965 lag ein Projekt vor, aber bald stellte man fest, daß das Geld hierfür umsonst ausgegeben wurde, denn man hatte versäumt, die richtigen Quoten für die künftigen Gleisanschlüsse zu beschaffen. Ende 1965 legte das Planungsbüro Interoonstruct ein neues Projekt vor: Kostenpunkt 830 Millionen Schilling. Ein betriebswirtschaftliches Gutachten, das von der ÖVP verlangt wurde, ergab aber, daß die Kosten für einen modernen ScMachifJhof, der auch für die nächsten Jahrzehnte noch genug Reservoir bietet, höchstens bei 450 Millionen Schilling liegen dürfte.

Wie unausgegoren bei der Inter-construct die Entwürfe waren, zeigt die Tatsache, daß auch von diesem Planungsbüro Projekte zu den verschiedensten Preisen angeboten wurden. So bewegte sich die Summe zwischen 440 und 830 Millionen Schilling. Als man nunmehr von der ÖVP die Frage an den Magistrat richtete, welche Unterschiede zwischen den teureren und den billigeren Projekten sich hinsichtlich der Funktion ergeben, wurde diese Frage bis heute unbeantwortet gelassen.

Die Forderung, die im Herbst 1967 von Wirtsohaftsstadtrat Dr. Prutscher aufgestellt wurde, lautet daher auf ein Minimalkonzept, dem im Baukastensystem die zusätzlichen Einrichtungen, wie Kühlraum, Kraft-zenitrale usw., zugebaut werden sollen. Außerdem wurde noch ein ausländischer Experte, nämlich der in Europa vielfach bewährte Ingenieur Wemberg aus Dänemark, angefordert. Nach einem halben Jahr Wartezeit wurde nunmehr Wernberg im Frühjahr 1968 mit der Planung beauftragt. Schon im Juni 1968 lag sein Konzept vor, und nachdem im Heirbst 1968 die Wirtscbaftlichikeitsberech-nung allseits akzeptiert war, wurde am 22. November im Gemednderat der Antrag einstimmig angenommen.

Was viele ohnehin bereits wußten, wurde nunmehr offenkundig, nachdem das Planungsbüro Inter-construct umsonst vier Jahre her-uimgeplant hatte und eine Bauzeit von vier bis sechs Jahren vorsah — was eine Fertigstellung erst 1973 oder 1974 ermöglicht hätte —, wird das Wernberg-Projekt in zwei bis drei Jahren, also bereits im Herbst 1971, spätestens aber 1972 fertiggestellt sein. Dazu komimit, daß es um 400 Millionen Schilling billiger ist als der Interoonstruct-BaU.

Daß allerdings gegen solche wirtschaftliche Erwägungen von Seiten der Sozialisten so lange Opposition geübt wurde, führt man in ÖVP-Kreisen auf die Tatsache zurück, daß die Planungsfirma Interconsbruct bereits insgesamt <4,8--m •Millionen ISIMliBg-!!aBtanungtowtert.eThaIteit bat, davon aber nur 780.000 Schilling dm Gemeinderatsausschuß beschlössen worden sind; Der restliche Betrag wurde zwar von Stadtrat Dr. Prutscher unter Protest im nachhinein sanktioniert, aber die Art, gemeindeeigene Firmen zu fördern, wird als typisch angesehen

Damit nicht genug, stellt man bei der ÖVP auch noch fest, daß es scheinbar usuell ist, daß Projekte von Bedeutung des Schlachthofes nicht nur von der Stadtbaudirektion allein genehmigt werden. Das Gut-achtenskonzept der Stadtbaudirek-tioh zum Interconstruct-Plan trug nämlich auch die Unterschrift eines Architekten, dessen Name der ÖVP-Praktion bekannt war. Er ist Mitglied der Geschäftsführung der Interconstruct

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