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Ratlosigkeit um UNO-City

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Österreichs UNO-Botschafter Dr. Kurt Waldheim stand Ende vergangener Woche vor einer Aufgabe, die weit schwieriger zu erfüllen war, als sie sich anhört. Der österreichische Diplomat hatte die Vereinten Nationen über den Stand der geplanten Wiener UNO-City zu informieren wo zunächst die Internationale Atomenergiekommission und die, UNIDO, die UN-Organisation für industrielle Entwicklungshilfe, ihren Sitz einnehmen sollen.

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Österreichs UNO-Botschafter Dr. Kurt Waldheim stand Ende vergangener Woche vor einer Aufgabe, die weit schwieriger zu erfüllen war, als sie sich anhört. Der österreichische Diplomat hatte die Vereinten Nationen über den Stand der geplanten Wiener UNO-City zu informieren wo zunächst die Internationale Atomenergiekommission und die, UNIDO, die UN-Organisation für industrielle Entwicklungshilfe, ihren Sitz einnehmen sollen.

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In einem späteren Zeitraum sollten — Einvernehmen zwischen Osten, Westen und dem „Dritten Block“ vorausgesetzt — weitere Unterorganisationen folgen. Die Schwierigkeit von Waldheims Aufgabe aber lag darin, die totale Ratlosigkeit der zuständigen österreichischen Stellen zu kaschieren.

Österreich war in der Frage der UNO-City von Anfang an glücklos.

An einem Architektenwettbewerb beteiligten sich zwar 255 Einsender, doch wiesen die Projekte Mängel auf. Den Wettbewerbsbedingungen entsprechend, mußten jedoch Preise vergeben werden, wobei man nicht einmal um eine Reihung umhin konnte. So entschloß sich schließlich eine in sich uneinige Jury, vier Einreicher mit einer Überarbeitung zu beauftragen. Da ein „totes Rennen“ ausgeschlossen war, kam es nach Kampfabstimmungen mit knappsten Mehrheiten schließlich zu folgender Preis vergäbe: Erster wurde der amerikanische Architekt Pelli, der mit dem Ex-wiener Gruen zusammenarbeitet. An zweiter Stelle folgte eine englische Architektengruppe, dann kamen die Deutschen Novotny-Mähnar. Der vierte Architekt, der zur Überarbeitung eingeladen wurde, war der Österreicher Staber. Die Überarbeitung der Projekte wurde zwar bei allen Preisträgern als positive Veränderung anerkannt, aber keines davon vermittelte den Eindruck der Einmaligkeit. So kamen die vier Pläne in eine Begutachtungsmühle in- und ausländischer wissenschaftlicher Experten, österreichischer Stellen des Bundes und der Gemeinde Wien, der betroffenen internationalen Organisationen und politischer Gremien. Diese Prozedur dauerte mehrere Monate, denn schon Mitte April wurden die überarbeiteten Projekte eingereicht und Anfang Mai präsentiert. Nach dem heutigen Stand dürfte lediglich feststehen, daß zwei Archiitektengruppen nicht zum Zuge kommen dürften. Zunächst schied der favorisierte Träger des ersten Preises, der auch von UNIDO und IAEO unterstützt wurde, nämlich der Amerikaner Pelli, aus. Seine 250 Meter lange Büromauer wurde nicht nur von den begutachtenden östenreichisoheri Stellen, sondern vor allem von der Öffentlichkeit glattweg abgelehnt. Daraufhin wurden von Gutachtern, aber auch von maßgebenden Leuten der Gemeinde Wien,, die Engländer auf den Schild gehoben. Dieses Projekt, das die Autoren „Bürohügel“, die Wiener etwas liebloser „Sargdeckel“ nennen, stieß wegen seiner indirekten Beleuchtung und der problematischen Schrägaufzüge bei den betroffenen Organisationen auf so heftigen Widerstand, daß die Engländer kaum mehr Chanoen haben. Damit bleiben nur noch der dritte und der vierte Preisträger im Rennen, die beide eine aufgelockerte Bauweise der UNO-City vorschlagen, wogegen die UN-Leute eine gewisse Skepsis wegen der auftretenden Wegstrecken zeigen. Stabers „Fleckerlteppieh“ kam als Dritter in die Favoriitenrolle. Der Wiener hatte gewissermaßen Platzvorteil, der sich auch in bestehenden persönlichen Verbindungen zeigte. Mittlerweile ist das Rennen jedoch wieder offener geworden. Erfahrungsberichte der UNESCO aus Paris zeigen nämlich, daß die Arbeitsbedingungen in der auch von Staber verwendeten Y-Bauweise nicht die idealsten sind. Die deutsche Gruppe legt zudem eine neue Kostenberechnung vor, die ihr Projekt „Bargkristall“ als das wirtschaftlichere erscheinen läßt. Schließlich wurden Stabers Chancen durch ein paar Äußerungen geschwächt, die der Architekt in Kontakten mit der Presse fallenließ. Stabers Projekt wird derzeit auf Wunsch österreichischer Stellen von den UNO-Organisationen noch einmal begutachtet. Es ist jedoch möglich, daß bei dieser Revision schließlich die Deutschen Novotny-Mähner gekürt werden, die zumindest auf Flexibilität und Formschönheit pochen können. Solches deuteten gutinformierte Kommunalredakteure verschiedener Parteicouleurs schon im vergangenen Sommer an. Eine Entscheidung ist heuer nioht mehr zu erwarten, nachdem die offiziell verkündeten Entscheidungstermine dieses Jahres, Mitte Juni, Anfang Juli, Ende Juli, Anfang September und Mitte Oktober verstrichen sind, ohne daß sich das (ausschließlich aus Sozialisten bestehende) Politikerkomiitee zu einem klaren Wort entschließem konnte.

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