Stoderzinken Gipfel - © Privat

Naturschneegebiete: Wo Schnee nicht aus Kanonen schießt

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Wenn die eigene Existenz an das Überleben eines winzigen Liftbetriebes geknüpft ist, gilt es zu kämpfen. Doch bereits vor der Pandemie blieben die Schlepper am Stoderzinken stehen.

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Wenn die eigene Existenz an das Überleben eines winzigen Liftbetriebes geknüpft ist, gilt es zu kämpfen. Doch bereits vor der Pandemie blieben die Schlepper am Stoderzinken stehen.

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Zweitausendachtundvierzig Höhenmeter sind es bis zum Gipfelkreuz des Stoderzinken. Ruhig ist es hier oben, weit und breit kein Mensch zu sehen. Beinahe unberührt wirken die schneebedeckten Bäume, zwischen deren Wipfel die Sonne hervorblitzt. Einzig die massiven Metallstützen zwischen den Felsen erinnern daran, dass hier einmal ein Schlepplift entlangführte. Zahlreiche Skifahrer(innen) kamen die steile Lifttrasse herauf, um bei der Gipfelabfahrt den Blick vom Dachstein über die Schladminger Tauern rundum bis zu den Rottenmanner Tauern und dem Toten Gebirge schweifen zu lassen.

Stoderzinken Gipfel - © Privat

Kommen Sie mit auf den Stoderzinken!

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Zwischen Schladming und Liezen, direkt an der 3000-Einwohner-Gemeinde Gröbming im Nordwesten der Steiermark gelegen, war der Stoderzinken jahrelang Ziel für jene Urlauber und Urlauberinnen, die statt wilder Après-Ski-Partys gemütliches Zusammensitzen in der Hütte schätzten. Jene, die auf Stress und Gedränge an Gondeln gut verzichten konnten und stattdessen auch gerne mit dem Liftwart des Schleppers plauderten. Jene, die nicht auf der Jagd nach den meisten Pistenkilometern, sondern auf der Suche nach gemütlichen Abfahrten auf fluffigen Naturschneepisten waren.

Orte wie den Stoderzinken gibt es in Österreich kaum noch. In der Saison 2019/20 waren in ganz Österreich nur noch elf reine Naturschneegebiete geöffnet. Wie viele nach dem Coronajahr davon noch übrigbleiben, ist fraglich. So rasant, wie Gröbming und der Stoderzinken zum beliebten Winterurlaubsziel heranwuchsen, so schnell wurde das Skigeschäft hier bereits lange vor der Pandemie unrentabel. Trotzdem kämpften die beteiligten Betriebe Jahr für Jahr weiter. Immer mehr Geld floss in den Berg, der alles zu verschlucken schien. Übrig blieb ein unberechenbares Naturschneegebiet, besucht von Liebhaber(inne)n und betrieben von Idealist(inn)en.

Letzte Überlebende

Eine von ihnen ist Christine Steiner. Die 45-Jährige führt in dritter Generation den Berggasthof Steinerhaus, der über viele Jahre Urlauber und Urlauberinnen aus Österreich, den Niederlanden und Deutschland beherbergte. War Steiner im vergangenen Jahr die Einzige, die ihren Betrieb am Berg trotz fehlender Skigäste öffnete, sitzt auch sie heute in der verlassenen Gaststube. Die Küche, in der die Gastronomin sonst das oft selbst gejagte Wild zubereitet, ist geschlossen, die Kuchenvitrine leer. Im Speisesaal stehen die Stühle verkehrt auf den Tischen, an der Bar das Desinfektionsspray griffbereit. Die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zwingen auch auf 1845 Metern zum Stillstand.

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Unmittelbar an der Piste gelegen und jahrelang einziger Vermieter direkt am Berg, war der Gasthof in Steiners Kindheit immer voller Leute, meist Familien. Heute kämen noch Gäste, die in Steiners Kindheit bereits hier waren, mit ihren Kindern zu Besuch. Auch Weihnachten und Silvester war man im Steinerhaus niemals allein. „Gut für uns Kinder – denn die Eltern hatten keine Zeit“, erzählt die 45-Jährige. Nach getaner Arbeit saß man als Gastgeber(in) auch bis nach Mitternacht noch mit Urlaubenden am Stammtisch, spielte Karten, trank zusammen. Strom gab es nur zweimal am Tag, wenn das Dieselaggregat im Keller aktiviert wurde. Während Gäste die Zeit zum Föhnen nutzten, wurde in der Küche die Geschirrspülmaschine eingeschaltet. „Zum Fernsehen durfte das Aggregat nicht genutzt werden“, erinnert sich Steiner, „dafür gab es eine Lkw-Batterie. Und die war meistens dann leer, wenn der Film am spannendsten war.“

Christine Steiner - Christine Steiner kämpft auch ohne Skibetrieb weiter. Diese Saison muss auch sie coronabedingt ihren Gasthof geschlossen halten. - © Margit Körbel
© Margit Körbel

Christine Steiner kämpft auch ohne Skibetrieb weiter. Diese Saison muss auch sie coronabedingt ihren Gasthof geschlossen halten.

Erst 1989 wurde der Stoderzinken elektrifiziert. Man hoffte, dadurch ginge es wirtschaftlich wieder bergauf. Im Steinerhaus erweiterte man um acht Zimmer, eine Sauna sollte den Besuch attraktiver machen. „Wir haben immer nach vorne geschaut, aber irgendwann ist die Zeit am Stoder stehengeblieben“, sagt Christine Steiner. Den Lockdown verbringt die Gastronomin mit ihrer Familie im Ort, bäckt hier Brot, welches sie zwei Mal wöchentlich verkauft. Mit ihrem Mann Harald ist sie heute trotzdem auf den Berg gekommen, um den Winterwanderweg für Besucher und Besucherinnen abzustecken. Mit dem Schneemobil fahren die beiden die Strecke ab, setzen Pflöcke zur Orientierung. „Wenn wir uns um solche Dinge nicht kümmern, passiert hier oben gar nichts“, sagt Steiner.

Ohne laufenden Skibetrieb liegt auch die Räumung der elf Kilometer langen Stoderzinken Alpenstraße, die einzige Möglichkeit auf den Berg zu kommen, in den Händen der Anrainer(innen). Bis auf einige Privathäuser zählen dazu vor allem die am Stoder ansässigen Betriebe. Zuständig für die Straße ist grundsätzlich eine Weggenossenschaft, anfallende Kosten wurden einerseits über eine Mautgebühr finanziert, zeitweilig gab es Unterstützung vom Land Steiermark. Andererseits wurden sie von der ehemaligen Liftgesellschaft getragen. Allein für die Schneeräumung sind zwischen 60.000 und 70.000 Euro jährlich notwendig.

Wir haben immer nach vorne geschaut. Aber irgendwann ist die Zeit am Stoderzinken stehengeblieben.

Gastronomin Christine Steiner

Welchen Schaden eine ungeräumte Straße mit sich bringt, erfuhr Christine Steiner in der ersten Wintersaison ohne Liftbetrieb. Der Stoderzinken blieb komplett geschlossen. Ausgerechnet diese Zeit sollte besonders schneereich werden. Bei Lawinenalarmstufe fünf blieben die oben gelegenen Häuser und Hütten unerreichbar. „Da hat es uns die Grenzen aufgezeigt, wie ein Winter aussehen kann, wenn niemand am Berg ist“, berichtet Steiner. Im Gasthof fiel der Strom aus, dadurch die Heizung, die Glasfront der Terrasse zerschellte. Mit dem Hubschrauber konnte man schließlich zusammen mit Bergrettung und Lawinenkommission nach oben gelangen. Elf Tage lang wurde geschaufelt und mit Notstromaggregat geheizt, um das Steinerhaus zu sichern. Eine Seilbahn auf den Stoderzinken hätte solche Probleme verhindern können. Auch wäre das Skigebiet dadurch attraktiver für jene Gäste geworden, die die kurvige Straße nicht mit dem eigenen Auto hochfahren wollten.

Vertane Chancen

Pläne für eine Gondel von Gröbming auf den Stoderzinken hätte es durchaus gegeben, das Projekt scheiterte jedoch. „Damals war man nicht so weit“, erklärt Thomas Reingruber, Bürgermeister der Gemeinde Gröbming (SPÖ). Vor zwei Jahren hat der 40-Jährige das Amt übernommen, zuvor war er bereits mehrere Jahre als Vize in der Gemeinde tätig. Die Entwicklungen seien nicht absehbar gewesen, teilweise habe man die Situation aber auch falsch eingeschätzt. „Einerseits wurden Dinge verabsäumt, andererseits ging es naturschutzrechtlich nicht“, so Reingruber.

Er selbst habe den Stoderzinken immer als Familien- oder Ausbildungsberg gesehen. Schulen hätten hier etwa kostengünstige Skikurse machen können. Das Liftende 2018 wollte der damals neue Bürgermeister zuerst nur als Pause sehen und beauftragte eine Studie zur nachhaltigen Wirtschaftlichkeit des Winterbetriebs. Das Ergebnis: Ein reiner Wochenendbetrieb wäre rentabel gewesen. Das Problem: Für den Lift lässt sich nach wie vor kein Betreiber finden – vor allem, da in die Anlagen erst einmal investiert werden müsste. „Als Gemeinde wollten wir das nicht übernehmen, wir wären aber finanziell unterstützend dabei gewesen“, erklärt Reingruber. Ein weiterer Faktor ist das fehlende Marketing. Es gibt keine Mittel, um das kleine Skigebiet anständig zu bewerben. Mundpropaganda reicht im Vergleich mit den Kampagnen der großen Konkurrenten schon lange nicht mehr aus.

Es blieb ein unberechenbares Naturschneegebiet, besucht von Liebhaber(inne)n und betrieben von Idealist(inn)en.

Und die nahmen seit den 1980er Jahren stetig zu. Mit der Alpinen Skiweltmeisterschaft in Haus im Ennstal und Schladming 1982 rüstete man am Hauser Kaibling mit einer neuen Seilbahn auf – nicht weit weg von Gröbming und gut erreichbar für die Skifahrenden. Für den Stoderzinken bedeutete das den Zusammenbruch als Skidestination. Die heutige Vier-Berge-Skischaukel, bestehend aus Hauser Kaibling, Planai, Hochwurzen und Reiteralm, wurde zum unschlagbaren Mitbewerber mit einem Vielfachen an Pistenkilometern. „Was die Vier-Berge-Schaukel an Spitzentagen an Tagesgästen schaffte, lukrierte der Stoder insgesamt über den ganzen Winter“, so Reingruber über das Verhältnis der Skigebiete in den letzten Jahren. Für das Ende des Liftbetriebes in Gröbming sieht er jedoch auch die Einheimischen mitverantwortlich. Selbst diese seien im Laufe der Jahre lieber in größeren Gebieten unterwegs gewesen. „Wäre jeder ein paar Mal im Jahr auf den Stoder gefahren, dann hätte es funktioniert“, ist Reingruber überzeugt.

Schwierig war die wirtschaftliche Situation am Berg bereits viele Jahrzehnte vor dem Aus des Liftbetriebes. Über Zuschüsse von Anrainern, der Gemeinde Gröbming und einer Gruppe an spendablen Stoderzinken-Fans konnten die offiziellen Verluste von rund 100.000 Euro jährlich einige Zeit getilgt werden. Als im Sommer 2018 publik wurde, dass im Tourismusverband Gröbmingerland über zehn Jahre hinweg rund 1,3 Millionen Euro veruntreut wurden, wovon mindestens 700.000 Euro auf verschiedene Wege ebenfalls in den Erhalt des Winterbetriebs am Berg geflossen sein sollen, zeichnete sich das Ende ab. Der Verantwortliche war zudem Geschäftsführer der Liftgesellschaft, Eigentümer der regionalen Skischule sowie Mitbetreiber einer Alm am Berg. Er nahm sich nach Bekanntwerden der Veruntreuung das Leben.

Wie alles anfing

Begonnen hatte der Skibetrieb am Stoderzinken 1962 mit dem Bau des ersten Schlepplifts am Berg. Bis 1973 wurden noch zwei weitere errichtet, allesamt betrieben durch Dieselmotoren. Richtig Skifahren konnte zu dieser Zeit noch kaum jemand. Die Gründung der Skischule ließ daher nicht lange auf sich warten.

Zuerst auf flacheren Hängen im Ort, in den kommenden Jahren immer mehr auf den Berg verlagert, lernten Einheimische und Urlaubende in der Schule der Familie Pichler*. „Der Kurs hat einfach dazugehört“, erklärt Stefanie Pichler*, die zusammen mit Eltern und Geschwistern das Familienunternehmen betrieb. „Die Gäste kamen, um das Skifahren zu lernen.“ Viele Freundschaften seien dabei entstanden, Stammgäste setzten ihre Kurse jährlich fort. Bei schlechten Bedingungen oder Erschöpfung der Skineulinge kehrte man gemeinsam ein, trank erst einmal einen Kaffee. In der jetzigen Zeit sei so etwas unvorstellbar, meint die ehemalige Skilehrerin: „Heute ist die Mentalität eine andere: Wir haben bezahlt, also fahren wir auch.“

Früher kehrte man bei Erschöpfung gemeinsam ein, trank erst einmal einen Kaffee. Die Mentalität ist heute eine andere: Wir haben bezahlt, also fahren wir auch.

Skilehrerin Stefanie Pichler*

Auch in Gröbming selbst habe sich das Verhältnis zum Skifahren verändert. Früher hätten Einheimische ihre Kinder ohne Bedenken allein zum Skifahren auf den Stoderzinken geschickt. „Da hat es geheißen: ‚Das ist mein Bub. Ab heuer darf er allein Ski fahren. Wenn er sich nicht benimmt, du weißt, zu wem er gehört‘“, beschreibt Pichler die Sorglosigkeit, mit der Eltern die jungen Skifahrer(innen) an sie übergeben hätten. Mittlerweile könnten in Gröbming überhaupt nur mehr so wenige Kinder Ski fahren, dass schulische Skiausflüge bereits problematisch würden.

Das Unternehmen der Pichlers wuchs in der erfolgreichen Zeit an. Mit zunehmendem Interesse am Skifahren stieg auch die Nachfrage nach der Ausrüstung. Familie Pichler erweiterte um einen Skiverleih. Schon als Kind war für die heute 47-Jährige das Wochenende die stressigste Zeit. Ski wurden zurückgegeben und mussten über Nacht für neue Kunden und Kundinnen vorbereitet werden. „Da wurden regelmäßig Nachtschichten eingelegt“, erinnert sie sich. Mit der Zeit wurden die benötigten Maschinen größer, die Vorschriften strenger. Gleichzeitig fragten Urlauber und Urlauberinnen nach passender Bekleidung, Handschuhen, Brillen oder Hauben. Familie Pichler entschied sich für die Expansion und erweiterte um ein Sportgeschäft.

Als die Besucher und Besucherinnen weniger wurden, versuchte man den Berg mit einer zusätzlichen Alm zu beleben. In den Skikurs kamen vorwiegend nur mehr Kinder, Erwachsene nur, bis sie die Pisten allein runterfahren konnten. Der Liftbetrieb konnte nur durch Leidenschaft am Laufen gehalten werden. Pistenraupen waren Tag und Nacht am Berg unterwegs, Liftwarte kümmerten sich persönlich darum, dass ihre Strecke funktionierte. Ausfallen durfte keiner von ihnen. Auch nach dem Ableben des Geschäftsführers wären die Liftangestellten bereit gewesen, weiterzumachen, „aber ohne Zugpferd geht es nicht“, beschreibt Pichler die Rolle des Verstorbenen. Also entschied man sich zu verkaufen.

Die Alm ging an einen neuen Besitzer, das Geschäft im Ort wurde als Teil der Verlassenschaft versteigert, die Liftgesellschaft aufgelöst. Heute ist Pichler beinahe froh, dass das Unternehmen bereits vor der Corona-Pandemie geschlossen war und sie diese in einem sicheren Angestelltenverhältnis aussitzen kann. „Wenn es nicht schon vor drei Jahren vorbei gewesen wäre, dann jetzt auf jeden Fall“, so Pichler.

Entscheidend für den nachlassenden Erfolg des Skibetriebs am Stoderzinken war nicht zuletzt die andauernde Veränderung des Klimas. Gab es in den Hochzeiten Jahre, in denen man am Berg wochenlang eingeschneit war, sodass Essenspakete gar per Hubschrauber abgeworfen werden mussten, konnte man sich seit den 1980ern nicht mehr auf ausreichend Schnee pünktlich zu Saisonstart verlassen. Beschneiungsanlagen sind am Stoderzinken keine Option, jeder Tropfen Wasser muss bis heute per LKW hochgebracht werden.

Roswitha Ebenschwaiger - Über 30 Jahre lang bewirtschafte Roswitha Ebenschwaiger eine kleine Hütte am Berg. Ehemalige Stammgäste besuchen die Pensionistin noch heute. - © Margit Körbel
© Margit Körbel

Über 30 Jahre lang bewirtschafte Roswitha Ebenschwaiger eine kleine Hütte am Berg. Ehemalige Stammgäste besuchen die Pensionistin noch heute.

„Die schneearmen Winter waren eine Katastrophe. Oft stand die ganze Feuerwehr von Gröbming und Winkel oben und hat geschaufelt, damit die Leute zumindest ein bisschen Bahn hatten“, erzählt Roswitha Ebenschwaiger, ehemalige Inhaberin der Tritscher-Hütte, eines kleinen Gastrobetriebs direkt an der Weggabelung der drei alten Pisten. Die 75-Jährige kennt den Berg wie kaum ein anderer. Zu jeder Hütte weiß sie deren Geschichte zu erzählen, jede Straßenkehre kann sie beim Namen nennen. Gegangen ist sie sie schließlich oft genug. Ihr Vater eröffnete einen Kiosk am Stoderzinken, da war die Straße noch gar nicht fertiggestellt. „Schnapsstamperl durfte er keine ausgeben, aber mit Korken verschlossene Budeln – das ging“, erzählt Ebenschwaiger über die Anfänge der Tritscher-Hütte. Erst als sie selbst 1973 das Geschäft übernahm, erweiterte sie um den Gastronomiebetrieb.

Bei Jagertee und Zirbenschnaps

Und auch bei ihr lief das Geschäft eine Zeitlang gut. Zahlreiche Liegestühle standen Meter weit vor der Hütte. „Die Wienerinnen sind schwarz geworden, in der Zeit, in der sie hier waren. So hat die Sonne heruntergeheizt“, erzählt Ebenschwaiger. Auch nach Liftschluss kehrten Urlauber(innen) noch gerne auf Jagertee und Zirbenschnapps bei ihr ein. Für Ebenschwaiger endete 2004 die Zeit am Stoderzinken. Die Pensionierung stand an, auch gesundheitlich waren die wöchentlichen Einkaufsfahrten ins Tal zu belastend. „Zum Arzt ging man zu Saisonende – der stellte einen dann wieder her für die nächste“, so die Pensionistin.

Kontakt hat die 75-Jährige nach wie vor mit Stammgästen aus Wien, Ostdeutschland, England und Amerika – nachtrauern würden sie dem einstigen Skigebiet alle. Die Tritscher-Hütte ging seither durch viele Hände. Mittlerweile wird sie als „Stoderhütte“ nur mehr saisonweise verpachtet, seit dem Ende des Liftbetriebes 2018 war sie nicht mehr geöffnet.

Statt Pisten findet man am Stoderzinken nun unberührte Pulverschneehänge, statt Familien mit Kindern kommen Besucher und Besucherinnen, die Ruhe suchen. Finanziell geht es sich für die Wirtin Christine Steiner noch aus, gerade der vergangene Coronasommer brachte so viele Gäste auf die Terrasse des Steinerhauses wie noch nie. Aber auch sie kann sich vorstellen, die Zeit am Berg irgendwann hinter sich zu lassen, mehr Zeit für ihre beiden Kinder und ihr Hobby, die Jagd, zu haben. „Da ist mir die Coronazeit zugutegekommen“, schmunzelt sie mit Blick auf das riesige Hirschgeweih neben dem Eingang zur Gaststube. Für den kommenden Sommer hat das Steinerhaus bereits zahlreiche Buchungen. Ob hier im Winter noch einmal Gäste einkehren werden, bleibt abzuwarten.

(*Namen von der Redaktion geändert.)

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