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Fehler um Millionen Schilling

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FVRCHE: Herr Präsident, die SPÖ hat in Wien mit Mehrheit beschlossen, bereits über ein halbes Jahr vor Ende der Legislaturperiode im Frühjahr die Wahlen durchzuführen. Waren nach Ihrer Meinung auch geplante finanzielle Maßnahmen, wie Steuer- und Abgabenerhöhungen, dafür maßgebend, daß die Wahlen vorverlegt werden mußten? MÜHLHAUSER: Wir haben ja' bereits eine Äußerung des Herrn Vizebürgermeister Slavik gehört, daß er die U-Bahnaibgabe schaffen will. Es war auch die Sozialistische Partei — wie man hörte, über diese Äußerung des Herrn Vizebürgermeister Slavik bestürzt, und die Sozialisten haben sogar festgestellt, daß dies noch nirgends beschlossen wäre. Sie wollen also eine Steuererhöhung, die sie schon jetzt vorhaben, sofort nach den Wahlen einführen. Es ist ein Verdienst der Fraktion der ÖVP im Wiener Gemeinderat, daß der Bund sich bereit erklärt hat, 2,4 Milliarden Schilling für den U-Bahnibau i bereitzustellen. Denn wir waren bereits im Sommer beim Herrn Finanzminister und haben erreicht, daß dieser Betrag freigegeben wird. Erst im Oktober ist Vizebürgermeister Slavik mit dem Finanaminister zusammengekommen und hat dann das erreicht, was wir gesät haben. Aber die Wiener Gemeinde hat in den letzten Jahren mehr als 150 bis 200 Millionen Schilling im Budget gehabt, die zum Beispiel für die Verkehrsbauten am Mataleinsdorferplatz oder für die Unterführung der 2er-Linde aufgewandt wurden. Da diese 150 Millionen Schilling frei siind, könnten sie ohne weiteres in Hinkunft für den U-Bahn-bau Verwendung finden und daher glauben wir, daß für eine U-Bahnsteuer keine Notwendigkeit besteht, und wir werden dieser auch keine Zustimmung geben.

FURCHE: Wissen Sie schon, ob die SPÖ im Wiener Landtag noch weitere Ausgaben und Steuern durchzubringen versucht? MUHLHAUSER: Ich kenne nicht die geheimen Pläne der SPÖ, aber die vorzeitige Auflösung des Wiener Gemeinderates läßt mich vermuten, daß sie außer der U-Bahn-abgafoe noch Pläne bat, andere Abgaben zu erhöhen oder neu einzuführen.

FURCHE: Der österreichische Rechnungshof hat festgestellt, daß mit dem Bau der U-Bahn in Wien genau um zehn Jahre zu spät begonnen wurde. Glauben Sie, daß hier andere Projekte den Vorzug bekommen haben oder daß wirtschaftliche Erwägungen für die lange Verzögerung maßgebend waren?

MÜHLHAUSER: Das waren meiner Meinung nach rein politische Erwägungen. Wir haben die Planung der U-Bahn im Jahre 1948 verlangt, weil wir damals erreichen wollten, daß Verkehrsbauten entstehen, die — wenn dann die U-Bahn gebaut wird, nicht wieder wertlos werden. Die Sozialisten haben sogar die Planung abgelehnt. Wir haben dann ein Jahr nach dem Staatsvertrag, also 1956 — verlangt, daß mit dem Bau der U-Bahn begonnen werden soll. Die SPÖ hat es wieder abgelehnt, ja sie hat sogar noch im Jahre 1966 den Bau einer U-Bahn als eine Utopie bezeichnet. Ein Mandatar der SPÖ hat damals erklärt, die U-Bahn wird von dieser Generation nicht mehr erbaut wenden.

FURCHE: Im Rahmen des Baues der unterirdischen 2er-Linie und beim Matxleinsdorferplatz wurden aber schwere Fehler gemacht.Hat die ÖVP diese Bauten mitbeschlossen?

MÜHLHAUSER: Wir haben von den Sozialisten vergeblich bereits beim ersten Matzleinsdorfer Umbau verlangt, daß auf die U-Bahn Rücksicht genommen wird und daß man auch für die Straßenbahn eine Unterführung schafft. Die Sozialisten haben dies damals, abgelehnt. Es war ein schwerwiegender Fehler, der die Wiener viele Millionen Schilling gekostet hat.

FURCHE: In einer Wahlkampfbroschüre Ihrer Partei wird angeführt, daß in der letzten Legislaturperiode 65 Abgabenerhöhungen durchgeführt wurden. Nun hat ja die ÖVP bei einer Großzahl der Abgabenerhöhungen selbst mitgestimmt, war dafür und hat bei einer Mehrheit davon selbst den Antrag gestellt. Warum wird dies nunmehr in einen Vorwurf umgewandelt? MÜHLHAUSER: Die Wiener ÖVP hat auf verschiedenen Gebieten Ermäßigungen erreicht. So zum Beispiel, daß alle Wiener denselben Fahrpreis zahlen. Wenn Sie aber fragen, warum hat die ÖVP mitgestimmt beziehungsweise sogar beantragt: der Herr Finanzreferent beantragt praktisch alle Erhöhungen und wenn der Herr Finanzreferent dem Stadtrat, der für die einzelnen betroffenen Ressorts zuständig ist, erklärt, er könne ihm die Mittel nur geben, wenn er einer Abgabenerhöbung zustimme, dann muß er sich eben auf diesem Weg die Mittel verschaffen.

Mit Landtagspräsident Karl Mühlhauser sprach FURCHE-Redaktionsmitglied Georg Manhardt.

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