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Lieber Wurstsemmeln und Bier

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Seit dem Übereinkommen zwischen Koren und Slavik über einen Bundesbeitrag zu den Baukosten des U-Bahn-Grundnetzes in Höhe von 2,4 Milliarden Schilling (das sind 47 Prozent), ist ein ereignisreiches Jahr vergangen: Slavik hatte den Beschluß des Nationalrates über diesen Bundesbeitrag abgewartet, um dann — sechs Tage später — überraschend den Entwurf für die U-Bahn-Steuer auszusenden, mit der die Stadt Wien sich ihren eigenen Anteil am U-Bahn-Bau von den Diienstgebem bezahlen lassen will.

Koren hatte diese Form der U-Bahn- Finanzierung als eine Aushöhlung des auf „Treu und Glauben“ geschlossenen Finanzierungsübereinkommens bezeichnet, denn die U-Bahn-Steuer würde von den Dienstgebem steuerlich abgesetzt werden und auf diese Weise das Bundesbudget über den vereinbarten Beitrag hinaus belasten: Mit rund 100 Millionen Schilling pro Jahr, so daß sich der Bundesbeitrag durch Slaviks ,,List" von 2,4 auf 3,6 Milliarden Schilling, also auf mehr als 70 Prozent der Gesamtbaukosten, erhöht hätte.

Als Repressalie gegen Slavik blockierte daraufhin die ÖVP im Bundesrat den vereinbarten Bundesbeitrag. In den bevorstehenden Verhandlungen wird sich Slavik zu einem Ersatz des Steuerausfalls beim Bund bereit erklären müssen, um den blockierten Bundesbeitrag wieder flüssigzumachen. Slavik könnte entweder einen gekürzten Bundesbeitrag akzeptieren oder eine Vereinbarung über die nachträgliche Refundierung objektiv festgestellter Mindereinnahmen des Bundes treffen. Wiener Handelskammer, die sich sonst im Umgang mit der Stadtverwaltung manchmal recht merkwürdig verhält, ein konkretes Entschä- digungsprogramm noch bis Jahresende, also vor Inkrafttreten der U-Bahn-Steuer, durchsetzen. Nach den Vorstellungen der Gemeinde müßte jeder einzelne Fall genau geprüft werden, ob tatsächlich eine echte Existenzgefährdung durch den U-Bahn-Bau vorliegt. Die Berücksichtigung von Umsatzrückgängen allein wind von der Stadt Wien nicht zur Kenntnis genommen. Bei Existenzgefährdung jedoch ist auf Wunsch der Kammer an folgende Rangordnung der Unterstützungsmaßnahmen gedacht:

Existenzgefährdete Wirtschaft

Auch gegenüber den Wiener Dienstgebern wird Slavik Haare lassen müssen: Zahlreiche empörte Resolutionen und Memoranden der Wiener Wirtschaft förderten die Verhandlungsbereitschaft der Stadtverwaltung über Entschädigungen bei existenzgefährdeten Betriebseinschränkungen durch den U-Bahn- Bau. Nadi Münchner Vorbild will die

• Bereitstellung günstiger oder zinsenfreier Kredite bzw. Über-į nahm deixAusfällahaftungfün Kre- dite durch die Stadt Wien, die Kammer oder beide gemeinsam.

• Bereitstellung von Ersatzlokalen.

• Äußerstenfalls BargeldauShilfen.

Allerdings zeigt sich die Stadt Wien nicht uneingeschränkt verständnisvoll: Einmal wurde einem Nobelcafė am Karlsplatz geraten, sich während der fünfjährigen Bauarbeiten, für die nicht einmal noch die Planungen abgeschlossen sind, auf Wurstsemmeln und Bier für die Bauarbeiter umzustellen..'.

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