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Faß ohne Boden

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Uber UNO-City und Donauinsel ist viel geschrieben und auch Im Parlament (in dringlichen Anfragen) diskutiert worden. Der Planung und der Auftrags vergäbe bei beiden Projekten haftet der starke Geruch bal-kanesischer Wirtsehaftsbräuche an. Jedes der beiden Projekte ist wesentlich teurer als der Neubau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien samt Dienstwohnungen und Garagen. Die Finanzierung beider Projekte ist nicht gesichert.

An Stelle eines Amtssitzes auf der Grundlage von 2800 Personen, wie das die Regierung Klaus vorsah, wurde unter Dr. Kreisky der Gedanke aufgegriffen, das UNO-City-Projekt auf der Basis von 4600 Personen auszubauen. Neben der allgemeinen Preis- und Baukostensteigerung hätte das zur Folge, daß der geplante Amtssitz internationaler Organisationen nicht 2,6 Milliarden Schilling, sondern nach dem derzeitigen Stand bereits rund 10 Milliarden Schilling kosten würde. Das würde die Stadt Wien allein mit 3,5 Milliarden Schilling belasten, was angesichts der dringend notwendigen Beschleunigung des U-Bahn-Baues, des stagnierenden Wohn-, Spitals- und Sportstättenbaues und eines großen Nachholbedarfs der Stadt Wien in den Bereichen der Alten-, Familien-und Jugendpolitik wohl kaum zu verkraften wäre. Ergo verlangt ÖVP-Spitzenkandidat Hahn, daß die Bundesregierung das Projekt auf ein vernünftiges Normalmaß reduziere. ÖVP-Hahn meint, daß schon bei der sehr optimistischen Annahme, daß die UNO-City in Wien ohne Konferenzzentrum „nur“ 6 Milliarden

Schilling kosten würde und, wenn dabei rund 120.000 m2 verbaut würden, sich Baukosten in der Höhe von 50.000 Schilling pro Quadratmeter ergäben. Beim öffentlich geförderten Wohnbau werde derzeit freilich nur mit 5200 Schilling kalkuliert und beim Bau moderner Bürohäuser rechne man im allgemeinen mit Baukosten in der Höhe von 8000 bis 10.000 Schilling pro Quadratmeter. Ferner sollen in der UNO-City auf jeden Angestellten rund 30 m2 Büroflächen entfallen, während in modernen Bürohäusern in Wien nur rund 14 m2 Bürofläche auf einen Angestellten entfallen. An diese Rechnung knüpft Fritz Hahn die Feststellung, daß man nicht umhin könne, der Wiener SPÖ und ihrem Bürgermeister Gratz den Vorwurf der Gi-gantomanie, der Großmannsucht zu machen.

Kreiskys Hoffnung, daß sich die sogenannten ,^große“ UNO-City-Lösung wenn schon nicht mit der Opposition, so doch mit den Sozialpartnern realisieren lassen werde, scheint eher aussichtslos, wenn man bedenkt, daß Bundeskammerpräsident Sallinger aus Finanzierungsgründen der „kleinen“ UNO-City-Lösung den Vorzug gibt, und ÖGB-Präsident Benya in dieser Frage mit Kreisky zerstritten ist. In der „Kronen-Zeitung“ wird schon seit einigen Wochen die Gratzsche Kolossal-Uno-City-Lösung verteufelt.

Noch klarer liegen die Verhältnisse beim Donauinsel-Projekt, das die Wiener SPÖ und das von ihr beherrschte Rathaus als Slavik-Denk-mal geplant haben und auch nach dem politischen Tod des Großmei-meisters undurchsichtiger Kommunalpolitik durchsetzen möchten. In der Donauinsel-Frage (Kostenpunkt: 6 Milliarden Schilling), die keinerlei Freizeitwert haben wird dafür aber die Aulandsohaft entlang der Donau völlig zerstört, in dieser Frage mußte Gratz von seinem Parteiobmann Otto Probst so lange Rüffel einstecken, bis er schließlich zurücksteckte, und auch in den Lobgesang für dieses Milliarden-Projekt einstimmte.

Addiert man die Kosten der beiden Kolossal-Projekte, so ergibt sich ein Gesamtbetrag von insgesamt rund 14 Milliarden Schilling. So polemisch es auch sein mag, den Wählern vorzurechnen, was mit diesem Betrag alles finanziert werden könnte, so richtig scheint es doch, gerade über diese beiden Projekte im Wahlkampf mitabstiimmen zu lassen. Eine Stadtverwaltung mit wachsenden Aufgaben bei stagnierenden Einnahmen ist eben kein Faß ohne Boden. Auch wenn das im Wiener Wahlkampf den Bewohnern der Bundeshauptstadt vorgegaukelt wird.

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