6877367-1978_47_19.jpg
Digital In Arbeit

„Friendly“ auch zu den Arbeitnehmern

Werbung
Werbung
Werbung

„Friendly“ dünkt sich die österreichische Fluglinie (AUA - „Friendly Airlines“) nicht nur ihren Passagieren, sondern auch der eigenen Belegschaft gegenüber. Als monumentalen Ausdruck dieser Einstellung wül man das neue Verwaltungszentrum in Wien-Oberlaa verstanden wissen, dessen Vorstandsetage turmartig aus dem Gebäude ragend, auf einem noch relativ freien Gelände zwischen Stadtmitte und Flughafen Schwe-chat sich erhebt.

Laut Vorstandsdirektor DDr. Anton Heschgl, der das Unternehmen in bewährter Partnerschaft mit Hubert Papousek leitet, repräsentiert die 800-Mann-Burg (ihre Kapazität kann bis tausend Personen erweitert werden) das erste österreichische Gebäude, das in Sozialpartnerschaft errichtet worden ist. Vom ersten Tag der Planung an stand die gesamte Projektleitung unter dem Einfluß des „Arbeitsausschusses Ergonomie“, in dem die Arbeitnehmer ihre Vorstellungen von den zukünftigen Arbeitsplätzen artikulieren konnten. Wenn es sich dabei auch nur um Empfehlungen an den Bauherrn handelte, wurden diese doch praktisch zur Gänze in die Tat umgesetzt.

Beispielsweise machte sich der Ausschuß die schlechten Erfahrungen anderer Unternehmen mit Klimaanlagen in großen Bürohäusern zunutze und beauftragte noch vor Baubeginn die Spezialfirma Svenska Fläkt im schwedischen Jorkooping mit einer zweijährigen Testreihe. Dabei wurde ein vollmöblierter Musterraum, so wie er für die Verwaltungszentrale geplant war, unter sämtlichen Betriebsbedingungen getestet. Die Beleuchtungseinrichtungen mußten ihre Feuertaufe im Färb- und Lichtstudio des ÖGB bestehen.

Die Auswahl des Massenmobiliars (Sessel) überließ man gleich den künftigen Benutzern, für die man im Messepalast eine eigene kleine Möbelausstellung organisierte. Mit einem Fragebogen entschieden sich die Mitarbeiter dann für bestimmte Fabrikate, die sich nachträglich auch noch als die billigsten herausgestellt haben.

Selbst wenn der neue Telefoncomputer nicht als Ergebnis von Huma-nisierungsbestrebungen bezeichnet wird, sondern als Erleichterung, die

sich früher oder später auch finanziell bezahlt machen soll, empfinden ihn die Telefonistinnen doch als Beitrag zur Humanisierung: In einen be-

liebigen Apparat braucht man nur noch die kurze Zahl 8019 einzutip-pen, um den AUA-Mann in Brüssel zu erreichen. Von allen externen Telefonen aus ist er unter 00322027211288 zu erreichen. Weitere 299 Riesen-Rufnummern wurden auf vier Stellen zusammengestrichen und dem Automaten gefüttert

Allein für den Ratschlag außenstehender Experten wurde auf Vorschlag des Ergonomieausschusses ein Budget von 2,5 Millionen Schilling oder ein halbes Prozent der Bausumme veranschlagt. Unter dem Strich zieht Heschgl den paradox klingenden Schluß, „das Gebäude wäre ohne die Ergonomie nicht billi-

ger geworden“. Allerdings muß dabei berücksichtigt werden, daß der Ausschuß nur über die Arbeitsplatzgestaltung zu befinden hatte, prinzipielle Entscheidungen, etwa jene über die Anzahl der Tiefgaragen-Stockwerke, lagen selbstverständlich fest, schon allein um die vom Aufsichtsrat genehmigte Bausumme nicht zu überschreiten. Tatsächlich blieben von den veranschlagten 500 Millionen auch 15 über- im wahrsten Sinne des Wortes, denn es wurde nur mit Eigenmitteln gebaut.

Daß diese Baumethode bei der Arbeitnehmervertretung Anklang gefunden hat, zeigten sowohl ein durchaus positiver Artikel in dem Gewerkschaftsorgan „Solidarität“ als auch das Vorhaben des ÖGB, in Oberlaa einen Lehrfilm über vorbildliche Arbeitsplätze zu drehen.

Für kritische Aussagen der Belegschaft über ihr Haus ist es derzeit noch zu früh, da Anfang Oktober erst 496 Personen aus insgesamt zwölf Stadtlokalen in die neue Zentrale an der Peripherie übersiedelt sind.

Zu einem guten Teil müssen sich die Mitarbeiter erst kennenlernen. Gegen Jahresende sollen rund 600 Leute das Bürohaus frequentieren (abgesehen von den Kursbesuchern, denen zusätzlich hundert Plätze zur Verfügung stehen), womit ein Drittel der gegenwärtig 1842 inländischen Arbeitsplätze in Oberlaa konzentriert ist.

Im Verlauf des nächsten Jahres, wenn das Management die Effizienz des Gebäudes - auch mit Blickrichtung Arbeitszufriedenheit - durchleuchtet, will man sich nochmals mit dem leidigen Problem der bisher noch nicht eingeführten Gleitzeit auseinandersetzen. Dann „wird man sicherlich direkt die Belegschaft fragen müssen“ (Heschgl).

Für das AUA-Management nimmt das neue Verwaltungsgebäude auf jeden Fall den ersten Rang unter allen Maßnahmen, die sich mit „sozial“ oder „human“ beschreiben lassen,

Kurz notiert...

Die Gespräche um weitere Fusionen zwischen Volksbanken in Wien dauern an, ohne daß aber ein Druck auf die Institute ausgeübt wurde, näher zusammenzurücken, betonte das Management der „Volksbank Wien-Mitte Wiener Genossenschaftsbank“ dieser Tage auf einer Pressekonferenz anläßlich ihres 75jährigen Bestehens. Das Institut repräsentiert mit einer Bilanzsumme von zwei Milliarden Schilling 45 Prozent der Bilanzsumme aller Wiener Volksbanken (ohne das Spitzeninstitut ÖVAG).

Freiwillige Sozialleistungen dürften in den österreichischen Unternehmungen in Hinkunft seltener werden, ergab eine Diskussion der Industriellenvereinigung. Schuld an dieser Entwicklung seien die Konjunkturflaute, der Steuerdruck und legistische Maßnahmen wie das neue Entgeltsicherungsgesetz.

Unerwartet positiv hat sich der Sommerfremdenverkehr entwickelt: Nach einem guten Septemberergebnis - vier Prozent mehr Übernachtungen als vor einem Jahr - rechnet Handelsminister Staribacher für die ganze Saison einschließlich Oktober mit wenigstens 71 Millionen Übernachtungen. Vergangenes Jahr waren es 70,6 Millionen gewesen. Der Trend ist seit Jahren rückläufig. ,

Gesundheitliche'Schäden müssen nicht schon eingetreten sein, um als Austrittsgrund aus einem Unternehmen zu gelten. Es genügt, wenn die Gesundheit bei Fortsetzung der Arbeit gefährdet ist (Oberster Gerichtshof vom 8. 11. 1977, 4 Ob 144/77).

Die Bedeutung der Mittelbetriebe

zwischen zehn und 500 Beschäftigten dürfte in Deutschland weiter zunehmen, ergab eine Studie der Baseler Prognos AG.

Der Textilkonzern der Creditan-stalt gerät zunehmend in Schwierigkeiten. Nachdem die Vöslauer („Tex-til Ost“) bereits drei Sanierungsversuche hinter sich hat, treten nun auch bei der Pottendorfer Probleme auf. Das Unternehmen dürfte mit einem geschätzten Verlust von weit über hundert Millionen Schilling in ähnliche Verlustgrößen kommen wie die Vöslauer. Der diesjährige Vöslauer-Verlust ist noch Ende Juli mit hundert Millionen veranschlagt worden, nunmehr rechnet man mit einem um weitere 20 bis 30 Millionen Schilling schlechteren Ergebnis.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung