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Das Geheimnis des Erfolges

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FRAGE: Herr Präsident, man liest in letzter Zeit einiges von den Sorgen, die die AUA mit dem Inlandflugverkehr haben. Ist der Inlandflugverkehr ein Stiefkind der AUA?

ANTWORT: Von einem Stiefkind kann keine Rede sein. Die AUA selbst waren es, die den Inlandflugverkehr im Mai 1963 aufgenommen haben, um den Bundesländern und den Landeshauptstädten zu dienen. Allerdings ist er noch immer defizitär und es ist schwierig, ihn kostendeckend oder gar gewinnbringend zu gestalten. Ebenso schwer ist es aber auch, allen Forderungen nach der Ausgestaltung des Strek-kennetzes, der Verkehrshäufigkeit und des Geräteeinsatzes zu entsprechen. AUA bemühen sich das bestmögliche zu bieten, also modernes Gerät einzusetzen und auch Anschlüsse von den Bundesländerflughäfen ins benachbarte Ausland zu ermöglichen. Das ist eine Geldfrage, wir bitten nun die Bundesländer und Landeshauptstädte, die angeflogen werden, dabei zu helfen.

FRAGE: Die Indienststellung der Caravelle „Kärnten“ hat zweifellos eine Erleichterung mit sich gebracht. Gleichzeitig aber wurde eine der Turbo-Prop-M aschinen von der AUA-Flotte ausgeschieden und nach England verkauft. Bedeutet das nun nicht, daß dies eine gewisse Einschränkung des Mittelstreckenver-kehrs mit sich bringt?

ANTWORT: Die ausgeschiedene „Franz Schubert“ wurde durch die Caravelle „Kärnten“ ersetzt. Durch die Einstellung der Düsenmaschine Avurde nun eine weitere Viscount für den Inlandflugverkehr frei, da die Düsenmaschine in ihrer Leistung fast zwei Viscounts ersetzt. Es ist anderseits aber jetzt möglich geworden, mit der Caravelle weitere Dienste der AUA auf Düsenbetrieb umzustellen.

FRAGE: Ist das geschehen?

ANTWORT: Die Linien von Wien nach Budapest, Belgrad, Sofia und Bukarest werden mit Düsengerät beflogen, was natürlich eine beachtliche Steigerung der Konkurrenzfähigkeit mit sich bringt.

FRAGE: Wie wirkt sich dies auf die Betriebsgemeinschaft mit anderen Fluglinien aus?

ANTWORT: Eine solche Betriebsgemeinschaft besteht etwa mit SAS und MEA für die Dienste nach Istanbul und Beirut, für die unsere Gesellschaft bisher kein eigenes Fluggerät eingesetzt hat. Jetzt steigert sich daher der auf die AUA entfallende Anteil am finanziellen Erfolg.

FRAGE: Wie gestaltet sich der finanzielle Erfolg der AUA? Es heißt, daß 1964 das bisher beste Geschäftsjahr der Gesellschaft gewesen ist.

ANTWORT: 1964 konnte sowohl die Produktion erheblich gesteigert werden als auch die Verkaufsresultate. Dieser für uns so angenehme Erfolg ergibt sich vor allem aus einer guten internationalen Konjunktur im Luftverkehr. Die AUA haben an dieser Konjunktur des Luftverkehrs teilgenommen, sie konnten sogar durch eine Zuwachsrate von 35 Prozent ihren Marktanteil vergrößern. Mitbestimmend für den Erfolg war aber zweifellos auch die Umstellung unserer Flotte aui Düsenmaschinen. Heute befliegen wir bereits mehr als 80 Prozent unseres Streckennetzes mit „Jets“, In der Caravelle haben wir überdies das bestgeeignete Flugzeug gefunden.

FRAGE: Die AUA haben abei doch auch einen sehr geschickter psychologischen Feldzug um der Gast geführt und gewonnen?

ANTWORT: Die im Jahr 1962 erfolgte Rekonstruktion des Unternehmens durch die öffentliche Hanc i— Befreiung von den Lasten dei Aufbaues, Aufstockung des Kapital: — hat sehr viel zur Festigung de: Vertrauens in die AUA auf den Internationalen Markt beigetragen

Auch die inländischen und ausländischen Fluggäste haben heute bereits so viel Vertrauen in die Dienste der „friendly airline“, daß man schon von echter Bevorzugung sprechen kann.

FRAGE: „öffentliche Hand“ — ist dies eine vornehme Umschreibung? Wie ist die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien geregelt?

ANTWORT: Das Verkehrsministerium ist für die Luftfahrt zuständig, daher die Hoheitsbehörde für die Gesellschaft, während das Finanzministerium als Vertreter des Hauptaktionärs, der Republik Österreich, auftritt und eben in finanziellen Belangen ein Machtwort spricht.

FRAGE: Läßt sich bereits vorhersagen, ob die steile Aufwärtsentwicklung der AUA auch heuer anhalten wird?

ANTWORT: Wir haben vor kurzem eine Halb Jahresbilanz gezogen. Diese hat in vollem Umfang die günstigen Prognosen der AUA-Marktforscher bestätigt, die für das Jahr 1965 einen Auslastungsfaktor von mehr als 50 Prozent ankündigten. Erfahrungsgemäß liegen die Ergebnisse der ersten Jahreshälfte stets unter den Resultaten des zweiten Halbjahres; dies deshalb, weil die Spitze der Reisesaison in die Monate Juli bis Oktober fällt. Die Betriebsergebnisse der ersten sechs Monate lassen also bereits weitgehende Rückschlüsse auf das Jahresergebnis zu. Es zeigt sich deutlich, daß die Aufwärtsentwicklung des Unternehmens mit Zuwachsraten, die weit über dem europäischen Durchschnitt liegen, weiter anhält.

FRAGE: Ist das Wort vom „Luftkreuz Südost“, das die Wiener nicht ungern hören, nur ein Schlagwort ohne tiefere Bedeutung?

ANTWORT: Gerade in der Ausnützung dieses Luftkreuzes, das eine Realität ist, liegt eine weitere Chance für die AUA und zugleich ein weiteres Geheimnis unseres Erfolges. Wir nützen die politische und verkehrsgeographische Lage Österreichs aus, weil sie sonst von den Fluglinien der Oststaaten ausgenützt werden. Wien ist geographisch prädestiniert, Start- und Zielpunkt eines Fernstreckendienstes zu werden, den wir zusammen mit anderen Luftverkehrsgesellschaften in Pool-Form betreiben könnten. Unabhängig davon bestehen schon jetzt eine Reihe von Pool- und Zusammenarbeitsübereinkommen mit anderen Gesellschaften. Österreichs Lage an der Scheidelinie der beiden großen politischen Hemisphären zwischen Ost und West schafft uns im Flugverkehr eine geradezu einmalige bevorzugte Stellung. Denr die Verkehrsrechte im zwischenstaatlichen Luftverkehr werden strikl nach dem Prinzip der Reziprozität vergeben. Das heißt, ein Land erlaubt einem anderen nur dann da! Einfliegen und Absetzen von Passagieren, wenn ihm die gleiche Möglichkeit auch umgekehrt zugestander wird. Nun ist es aber so, daß di« Oststaaten sehr sparsam mit der Einflugs- und Landegenehmigunger für westliche Fluggesellschafter sind. Umgekehrt erhalten dies« Staaten natürlich auch im Westei ! nur beschränkte Verkehrsrechte. Da: . ist der Grund, weshalb in Wien fü , die meisten Flugverbindungen au; , Ost und West Endstation ist. Abe: i Österreich genießt sowohl in Ost al:

• auch in West, wiederum dem Grundsatz der Reziprozität folgend, prak

• tisch freien Eintritt. Es kann seim i Flugverbindungen nach Ost wie aucl i nach West ausbreiten und ha solcherart eine zentrale Brücken

• Stellung im europäischen Luftver ■ kehr. Von allen Staaten des Westen l haben die AUA das umfangreichst! i Liniennetz innerhalb Osteuropa ä und als einziger Fluggesell 5 schafft des Westens werden voi i den AUA — sieht man voi . vorübergehenden Verkehrseinstellun gen ab — alle Hauptstädte des europäischen Ostens angeflogen.

FRAGE: In großen Inseraten wurde in diesen Tagen wieder um Hostessen geworben. Haben die AUA Personalsorgen?

ANTWORT: Wir beschäftigen zui Zeit 1200 Arbeiter und Angestellte Die Heranbildung und Ausbilduni dieser Kräfte, die sowohl materiell als auch zeitmäßig überaus aufwendig war, ist als Investition anzusehen, die zwar buchmäßig nicht aufscheint, aber schließlich doch im Geschäftserfolg ihren Niederschlag gefunden hat. Unsere Arbeiter und Angestellten sind übrigens stolz aui die alte ÖLAG-Tradition, auf die der ersten österreichischen Fluggesellschaft.

FRAGE: Sie haben am 30. April 1963 in einem Vortrag im Donaueuropäischen Institut gesagt: „DU Welt, das internationale Publikum hatte vergessen, daß Österreich, überhaupt jemals eine Luftverkehrsgesellschaft besessen hatte, daf. dieses Land zu den ersten unc führendsten Nationen im internationalen Luftverkehr zu Zähler war.“ Eine Anspielung auf die obengenannte ÖLAG-Tradition, doch zugleich auch eine Andeutung, wit groß der Einsatz an Werbemittelr gewesen sein muß, die die AUA zui Erringung ihrer Position benutz; haben.

ANTWORT: Unser Werbeetat is' gar nicht so groß. Wir haben woh in 22 ausländischen Städten Vertretungen und Büros, sind aber vie mehr auf persönliche Empfehlung auf „Mundfunk“ also, angewiesen FRAGE: Noch einmal zurück zun Ausgangspunkt unseres Gespräches zum Inlandverkehr. Das Bundesland Vorarlberg — Ihre Heimat — könnte vorläufig gar nicht an da; Binnenflugnetz angeschlossen wer den, da es über keinen Flugplat verfügt. Wird dagegen etwas unternommen?

ANTWORT: Zwischen Hohenem und Dornbirn besteht seit kurzsn ein Sport- und Touristikflugplatz Seine derzeitige Größe (bis zu 650 n Bitumenpiste) reicht nicht aus, un der AUA im Inlandsverkehr ein< Lande- und Startmöglichkeit zi bieten. Eine eigens gegründete Flug hafenstudiengesellschaft befaßt siel mit dem Projekt zur Errichtuni eines Landeflughafens mittlere Größenordnung. Hier geht es — ein positive Entscheidung Vorausgesetz — um die Aufteilung der Koster Es sind über 300 Millionen Schil ling erforderlich. Beteiligt an diese Studiengesellschaft sind der Bun< das Land Vorarlberg, die Stadt Bregenz und Dornbirn und di Marktgemeinde Lustenau. In de Schweiz (von den Grenzübergänge Lustenau — St. Margarethen ode Geissau nur wenige Kilometer ent fernt) liegt der Flugplatz der Flug zeugfabrik Altenrhein. Fabrik nn Flve-ilatz gehören einem Privat unternehmen. Mit diesem Flugplat das Flughafenbedürfnis Vorarlberg zu decken berührt Rechte des Flug hafenbesitzers, bedingt seine Zu Stimmung zu kostspieligen Investi tionen, und darüberhinaus würde &#171; ohne einen österreichischen-schwei zerischen Staatsvertrag nicht ah gehen.

FRAGE: Es hat sich also trotz dt nach wie vor vorhandenen Defizi\ herausgestellt, wie wichtig — nie? nur aus Prestigegründen — ein nationale Fluggesellschaft für östei reich ist?

ANTWORT: Vermutlich wird di Betriebsrechnung des Jahres 19( aktiv sein. Aber die enormen Ar. Schreibungen führen immer noch z einer Passivbilanz, obwohl man niel nach dem Bilanzbild allein werte und urteilen darf. Man muß vie: mehr den Nutzen in Betracht zi< hen, den Österreich bereits aus sei ner nationalen Fluggesellschaft ziel oder von Jahr zu Jahr In steigende&#187; Maß ziehen wird.

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