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Hecht und Goldfisch

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Der Slogan der amerikanischen Fluggesellschaft TWA scheint heuer den Geschäftsverlauf der österreichischen Fluggesellschaft Austrian Airlines am besten zu charakterisieren, denn dem Sorgenkind des österreichischen Finanzministers geht es heuer besser als je zuvor.

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Der Slogan der amerikanischen Fluggesellschaft TWA scheint heuer den Geschäftsverlauf der österreichischen Fluggesellschaft Austrian Airlines am besten zu charakterisieren, denn dem Sorgenkind des österreichischen Finanzministers geht es heuer besser als je zuvor.

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Die noch nicht einmal zur Gänze ausgelieferten neuen Mittelstrecken-jets vom Typ DC-9 beginnen für einige Kurse bereits zu klein zu werden. Allein im Juni stieg die Beförderungsleistung der AUA gegenüber dem Vormonat um rund 11.000 Passagiere, was einer Zunahme um 17 Prozent gleichkommt. Die Kostenseite ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres weniger stark gewachsen als ursprünglich angenommen; auf der Ertragsseite haben sich vor allem die enorm gesteigerten Frachtraten niedergeschlagen.

Sollte diese Tendenz auch in der zweiten Jahreshälfte anhalten, so hofft man in der Direktion der „Austrian“, erstmals einen Bilanzgewinn verbuchen zu können. Die AUA hatte ja bereits in den beiden vergangenen Jahren den Bilanzgewinn nur knapp verfehlt, da außerordentliche Abschreibungen für die „Caravelles“ der Gesellschaft einen Betriebsgewinn dennoch zu einem Finanzverlust werden ließen.

Die „Austrian Airlines“ sind heute, ein Jahr nach dem Scheitern der Fusionsgespräche mit der „Swissair“, selbstbewußter denn je. Das Image der Gesellschaft konnte von dem eines traditionellen Deflzitträgers zu jenem einer erfolgreichen, modernen Fluggesellschaft gewandelt werden.

Ein Jahr nach dem Ende der „Swissair“-Gespräche und knapp eineinhalb Jahre nach dem Ende des Transatlantikverkehrs gemeinsam mit der „Sabena“, werden heute bereits die Untersuchungen über die Anschaffung von Langstreckenflugzeugen wieder vorangetrieben. „1973 wird es sicherlich keinen Langstrek-kenverkehr der AUA geben'“, erklärt man in der Salesianergasse, was aber danach geschehen soll, wird augenblicklich noch geprüft.

„Alpine Air“

Der Versuch des Outsiders „Alpine Air“, mit zwei Langstreckenjets von Österreich aus in das internationale Chartergeschäft einzusteigen, scheint die Bemühungen der „Austrian“, ebenfalls in den Besitz derartiger Maschinen zu kommen, voranzutreiben. Bei der AUA ist man nämlich der Ansicht, daß der Mittelstreckenverkehr auf dem Chartersektor ohne weiteres mit der bisherigen Flotte bedient werden kann. Ein neuer Konkurrent würde bestenfalls zu harten Preiskämpfen und damit zu einer neuerlichen Belastung des Budgets und des Steuerzahlers führen.

Dem geplanten Langstreckencharter der „Alpine Air“ könnte die österreichische Fluggesellschaft allerdings nichts entgegensetzen. Da aber gegenwärtig durch die Krise mehrerer internationaler Charter- und Linienfluggesellschaften gebrauchte Langstreckenjets billig zu haben sind, könnte es durchaus sein, daß die AUA wieder ins Langstneckenge-schäft einsteigt, allerdings zu günstigeren Bedingungen als in der Kooperation mit der „Sabena“.

Alles in allem: die AUA fliegt wieder, besser als je zuvor. Gerade unter diesen Aspekten müßte aber der Verkehrsminister Frühbauer die Konzessionserteilung an die „Alpine Air“ sehr genau überlegen. Denn der Hecht im Goldflschteich kann leicht die Goldfische fressen, um dann an ihnen zugrunde zu gehen — ein Zustand, der für Österreichs Luftfahrt nicht erstrebenswert ist.

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