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Aber die Ratten fressen das Wiener Kanalnetz auf…

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Sofern das stimmt, was man ihm immer wieder in den Mund legt, sollte SPÖ-Stadtrat Resch, der in den fünfziger Jahren die Geschicke des Rathauses lenken half, zum Säulenheiligen der Wiener Sozialisten erklärt werden: Resch soll die Diskussion um ein Kanalbauprojekt einmal mit der durchaus treffenden Bemerkung garniert haben, man könne doch das viele Geld nicht in den Erdboden eingraben, denn „des sieht man ja net”.

Das Vermächtnis ihres Stadtrates haben die Wiener Genossen bis heute hochgehalten. Seit 1970 wird auf Wiener Boden ein gigantisches Bauprojekt nach dem anderen begonnen, 1980 werden zwar einige davon fertiggebracht werden können, doch dann droht das dicke Ende. ÖVP-Klubchef Fritz Hahn prophezeit düster, 1980 könnte das Wiener Gemeindebudget nur einen Hauptposten zum Inhalt haben: „Den Zinsendienst!” Tatsächlich wird der Anteil der Schulden an den Gesamtausgaben der Gemeinde Wien bis 1981 auf 79 Prozent angestiegen sein. 1970 betrug der Anteil noch 45 Prozent.

• Der größte Finanz-Brocken ist nach wie vor der Bau des Allgemeinen Krankenhauses, der die Gemeinde Wien in den kommenden Jahren mit jeweils rund drei Milliarden Schilling belasten wird, soll der Fertigstellungstermin 1985 gehalten werden.

• Der Bau der U-Bahn - 1. und 2. Etappe - wird mit etwa 16 Milliarden das Gemeindebudget belasten, wobei aber die Linie U 3 noch als unbedeckt anzusehen ist. Detaü am Rande: Laut Bundesbudget 1977 ist die Gemeinde Wien mit 312,5 Millionen Schilling (25 Prozent) für den U-Bahn-Bau an der im Vorjahr erhöhten Mineralölsteuer beteiligt, im Wiener Gemeindebudget scheint dieser Posten jedoch nicht als Einnahme auf.

• Die UNO-City wird die Wiener Steuerzahler insgesamt 4,3 Milliarden kosten, der Zinsendienst wird noch 1995 (!) die Ausgabensituation der Stadt schwer in Anspruch nehmen.

• Schließlich ist noch das Prestigeprojekt Donauinsel zu nennen, das, seit 1970 in Bau, insgesamt 5,8 Milliarden Schilling kosten wird. Im Zusammenhang damit schwirren bereits neue Gerüchte durch Wien: Die WIG 84 soll auf der neuen Donauinsel errichtet werden, was - denkt man an die bisherigen WIG-Veranstaltungen zurück - wiederum einige hundert Millionen kosten dürfte.

Für - vergleichsweise zu diesen Mammutprojekten - kommunalpolitische Lächerlichkeiten, wie Sanierung und Erhaltung von Brücken und Straßen, die Instandhaltung der Gasrohre oder gar des Kanalnetzes, ist nicht das notwendigste Geld da.

In dem nun langsam beginnenden Wahlkampf wird also die Wiener ÖVP gar nicht umhin können - zumindest, was die Kanäle, Brücken und Gasrohre betrifft - gemäß der makabren Äußerung des Bürgermeisters Gratz auf der SPÖ-Konferenz ihre Politik auf Ruinen zu gründen. Wenn auch in letzter Zeit wieder Gras über Brücken und Bauring gewachsen ist und Gratz gerade in der Fünf-Tage-Diskussion publikumswirksame Erklärungen abgab, kann die Volkspartei unter Erhard Busek und Fritz Hahn (und trotz Gerhard Berger) doch zunehmender Sympathien gewiß sein (bei den Frauen hat Gratz noch einen gigantischen Vorsprung). Manche schwarzen Funktionäre sind bereits zuversichtlich, ein drittes Mal seit 1945 den Sessel des Vizebürgermeisters im Wiener Rathaus erobern zu können. Dazu aber müßte Erhard Busek bei der Wahl im nächsten Jahr zumindest drei Mandate (um den Vizebürgermeister zu bekommen, braucht man in Wien ein Drittel der Gemeinderatsmandate, also zumindest 34.) dazugewinnen. Die Hoffnungen der Volkspartei konzentrieren sich in dieser Hinsicht auf zusätzliche Grundmandate im 3., 13. und 19. Gemeindebezirk.

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