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Slavik-Votum

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Die Nominierung von Fritz Hahn zum Spitzenkandidaten der Wiener Volkspartei für die wahrscheinlich im Frühjahr 1974 stattfindenden Landtags- und Gemeinderatswahlen in der Bundeshauptstadt hat Bewegung in die Wiener Parteien gebracht.

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Die Nominierung von Fritz Hahn zum Spitzenkandidaten der Wiener Volkspartei für die wahrscheinlich im Frühjahr 1974 stattfindenden Landtags- und Gemeinderatswahlen in der Bundeshauptstadt hat Bewegung in die Wiener Parteien gebracht.

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In der Wiener SPÖ, die im Rathaus mit einer gut abgesicherten absoluten Mehrheit das kommunal-politische Geschehen in Wien diktiert und verantwortet, bemüht sich die Gruppe um „Stadtvater“ Felix Slavik um dessen Zementierung, was insofern erste Früchte brachte, als Parteivorsitzender Kreisky davon abgehalten werden konnte, die Maiparade der Wiener Sozialisten vor dem Rathaus abzunehmen. Kreisky, der der Wiener SPÖ nie ganz geheuer war, ergriff die Flucht nach Graz, wo er am 1. Mai vor seinen steirischen Parteifreunden harte Polittöne angeschlagen hat.

Bei einer Reihe von weiteren Veranstaltungen der SPÖ in Wien wurde seitens der Laridesorgänisation Felix Slavik vor dem Parteivorsitzenden als Festredner gereiht. Wie von verschiedenen Seiten aus der Wiener SPÖ bestätigt wird, dürfte Felix Slavik vor den Parteivorsit-Spitzenmahn ins Rennen gelassen werden, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt durch den Rechnungshofbericht eine Reihe von Verdachtsmomenten gegen den Wiener „Stadtvater“ erheblich erhärtet worden sein dürften. Einer Vorverlegung des Wahltermins in den Herbst 1973 bringt man in Kreisen der SPÖ wenig Bereitschaft entgegen, wobei freilich eingestanden wird, daß der Ausgang der Volksbefragung um den Wiener Sternwartepark (zwischen 22. und 26. Mai) letztlich in dieser Frage ausschlaggebend sein wird. Es hat dabei den Anschein, als beabsichtige die Wiener SPÖ ein kommunalpolitisches Detailproblem in der Form eines Votums der Bevölkerung für oder gegen Felix Slavik zu behandeln. Der massive Einsatz von Propagandamaterial und das Auftreten von Bundespolitikern motiviert eine solche Beurteilung.

Die Wiener ÖVP will die Frage der Volksabstimmung um die Umweltgefährdung des Sternwarteparks sachlich behandeln; weder ist an einen massiven Einsatz von Propaganda-

material gedacht noch will man eine Gemeinderatswahl simulieren. Da eine bezirksweise Auszählung der Stimmen aus „technischen Gründen“ angeblich unmöglich ist, neigt man in der ÖVP-Zentrale zur Ansicht, daß das Kernproblem, das die Planungsbetroffenen in Wien-Währing zum Instrument der Bürgerinitiative greifen ließ, im Rahmen einer Volksbefragung aller Wiener (also auch der in Liesimg und in Stadlau) ohnedies weder behandelt noch gelöst werden kann. Überdies ist man nicht bereit, diese Volksbefragung als eine Regung demokratischen Geistes im Wiener Rathaus zu akzeptieren, wenn weiterhin seitens einer absoluten SPÖ-Mehrheit der Einbau von Methoden der direkten Demokratie (Volksabstimmung, Volksbegehren, Fragestunden im Wiener Landtag und Gemeinderat) in die Stadtverfassung abgelehnt wird.

Nach der Auslotung des „Unbehagens der Wiener“ trugen von der Wiener ÖVP motivierte Experten-

gruppen in Pressekonferenzen Vorschläge zur Lösung von Wiener Kommunalproblemen vor. Diese Serie von Pressekonferenzen soll im Mai auslaufen. Dann will man darangehen, ein für den Spitzenkandidaten Hahn maßgeschneidertes Wahlprogramm zu formulieren und an eine breite Öffentlichkeit heranzutragen. Fritz Hahn wiederum will in der Zeit bis zum Vorwahlkampfstart versuchen, seinen Bekannt-heits- und Beldebtheitsgrad in Wien um einige Punkte zu verbessern.

Dafür, daß diese Zielsetzung auch realisiert werden konnte, spricht die Kontaktfreudigkeit Hahns ebenso wie seine sehr volkstümliche Art. Dies sind Eigenschaften, die ihn — so hofft man — von seinem SPÖ-Pendant Slavik abheben und unter Umständen auch in jenen Kreisen, die der Wiener SPÖ schon aus Tra-“dition nahestehen, eine Art „Los-von-Slavik-Bewegung“ auslösen könnten. Da Fritz Hahn auch in seiner eigenen Landesorganisation fest verankert und beliebt ist, läßt sich unschwer prophezeien, daß seine und der Wiener ÖVP Chancen noch nie so groß waren wie gerade bei den kommenden Landtagswahlen in Wien.

Trotz ihrer spektakulären Erfolge in Graz und Klagenfurt glaubt man in Wien nicht, daß die FPÖ ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis erzielen wird. Ihre Bezirksveranstaltungen sind in Wien bedeutend schlechter besucht als irgendwo im Bundesgebiet; ihr Spitzenmann im Rathaus, Himschall, ist seit der letzten Wahl im Jahr 1969 von der politischen Bildfläche nahezu verschwunden. Dafür hat Hirnschall als Beamter im Finanzministerium unter tatkräftiger Mithilfe von Finanzminister Androsch seine beruflichen Chancen stark verbessert. Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß er einer der jüngsten Ministerialräte in der Bundesbürokratie werden wird. Eine solche berufliche Verbesserung, so nimmt man in der Wiener SPÖ an, dürfte den Oppositionsgeist von Hirnschall sicherlich ein wenig lähmen. Von den beiden anderen Splittergruppen, der KPÖ und der DFP ist wenig mehr zu berichten, als daß man damit rechnen muß, daß die KPÖ auf Kasten der SPÖ wieder in den Gemeinderat einziehen dürfte und die DFP nun auch im Firmenschild den Namen Franz Olah gelöscht hat, was ihre Chancen, 3m Wiener Gemeinderat zu bleiben, freilich auch nicht verbessert.

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