"Ich bin der Weltenzerstörer"

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Ein kleines Museum in Saxen im Mühlviertel erinnert an den Schriftsteller August Strindberg.

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Ein kleines Museum in Saxen im Mühlviertel erinnert an den Schriftsteller August Strindberg.

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Der Dramatiker August Strindberg lebte zwischen 1893 und 1896 längere Zeit im Unteren Mühlviertel. Das August-Strindberg-Museum in Saxen bei Perg geht dem wenig bekannten Lebensabschnitt des schwedischen "Nationaldichters" nach, dessen 150. Geburtstag heuer begangen wurde.

In Berlin lernte August Strindberg die um 23 Jahre jüngere Journalistin Frida Uhl kennen, eine überstürzte Heirat folgte. Die Geldnot trieb das frisch getraute Paar nach Saxen in das Haus der Großeltern Frida Uhls. Das gemeinsame Leben wurde bald zum Fiasko. Für Strindberg waren die Zeit im Strudengau überschattet vom Scheitern seiner Ehe sowie seelischen Krisen und Ängsten. Der Aufenthalt im Mühlviertel hat aber seinem literarischen Werk wichtige Impule gegeben und in seinen Schriften vielfachen Niederschlag gefunden.

Strindberg beschäftigte sich in Saxen mehr mit der Naturwissenschaft als der Literatur: Er richtet sich ein Labor für alchemistische Studien ein. Die "Goldsynthese" sollte ein Meisterwerk werden: "Meinst du, ich mache das Gold, um uns und die anderen zu bereichern, nein, um die ganze Weltordnung zu zerstören. Ich bin der Zerstörer, der Auslöser, der Weltbrandstifter." Strindberg wandte sich auch der Malerei zu. Durch seine im Mühlviertel entstandenen Gemälde (Reproduktionen im Museum) und den Aufsatz "Zufall im künstlerischen Schaffen" hat der schwedische Autor die Malerei des 20. Jahrhunderts beeinflußt.

In dem rastlosen Drang nach neuen Ausdrucksformen, stieß Strindberg auf die Photographie. Der Gedanke, daß sich in den Aufnahmen die Seelen der Menschen spiegeln würden, faszinierte ihn. Seine Selbstporträts zeugen von diesem analytischen Interesse.

Den Einheimischen galt Strindberg als Sonderling, der oft durch die Donauauen und die Schluchten der Umgebung gestreift ist. Häufig wechselte er in Saxen und Klam seine Unterkunft. Die vielen Umzüge zeigen, wie nervös und unruhig er zu jener Zeit war. 1896 verließ Strindberg das Mühlviertel. Mit seiner Tochter Kerstin (aus der Ehe mit Frida Uhl), die bei der Großmutter in Klam aufwächst, blieb er noch einige Jahre in Briefkontakt, besucht hat er sie Zeit seines Lebens nicht mehr.

Dem aus Saxen stammenden Germanisten Friedrich Buchmayr verdankt das Museum seine senstionellen Ausstellungsstücke. Bei einer Verwandten der Familie Uhl entdeckte er mehr als sechzig Briefe, Fotos und Texte von August Strindberg und seiner Frau Frida. Strindbergs Brief an den Brautvater mit der Bitte um die Hand der Tochter ist ebenso im Original zu sehen wie jenes Schreiben voll rasender Eifersucht, das mit ein Grund für die Scheidung war. Besonders hervorgehoben wird in der Ausstellung Strindbergs Stationendrama "Nach Damaskus". Es enthält viele Bezüge zur Gegend um Saxen und hat Dramatiker von Samuel Beckett bis Botho Strauß inspiriert. Eine multimediale Installation mit Bildern aus der Klamschlucht verweist auf eine Passage aus dem Roman "Inferno": einer Wanderung durch die Hölle.

August Strindberg-Museum, 4351 Saxen im Mühlviertel. Besichtigung jederzeit gegen Voranmeldung. Tel: 07269/284.

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