Jüngste Fernsehmacherin an der Labestation

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Eines haben Michael Haneke, Ernst Hinterberger und Susanne Scholl gewiss nicht mit Elisabeth Scharang gemeinsam: das Alter. Es verbindet sie aber etwas Anderes: Sie alle sind mit dem Axel-Corti-Preis ausgezeichnet. Die österreichischen Erwachsenenbildungsorganisationen vergeben ihn jedes Jahr für wertvolle Leistungen im Fernsehen. Scharang darf den Preis heuer, am 23. Mai, in Empfang nehmen. Die 42-jährige Filmemacherin reiht sich damit in eine Liste prominenter Preisträger ein - und ist mit Abstand die jüngste. Dass sie den Preis jetzt bekommt, freut sie freilich, kann sie doch Preisen, die einem "erst am Ende des Lebens in die Hand gedrückt“ werden, nicht viel abgewinnen. Der Preis sei für sie "eine Labestation auf dem Weg. Sie gibt neue Kraft“, sagt Scharang im Gespräch mit der FURCHE.

Für die in Bruck an der Mur geborene und in Wien aufgewachsene Tochter des Schriftstellers Michael Scharang hat der Preis aber auch persönlichen Wert: "Axel Corti war ein Teil meines Zuhauses, er hat mit meinem Vater zusammengearbeitet. Das ist zusätzlich eine schöne Verbindung zu dem Preis.“

Schon Anfang der 90er-Jahre begann Scharang TV-Dokumentationen zu drehen. Das Kameralicht wirft sie oft auf zwielichtige Figuren und Themen, vor denen die Gesellschaft gerne die Augen verschließt. "Mein Mörder“ (2005) etwa rollt die Geschichte des NS-Arztes Heinrich Gross auf. In der Dokumentation "Tintenfischalarm“ (2006) widmet sie sich dem Thema Intersexualität. Heuer feierte Scharang ihr Kinodebüt mit "Vielleicht in einem anderen Leben“, der sich abermals mit der NS-Zeit und der Judenverfolgung auseinandersetzt.

Spielfilm und Dokus, Kino und Fernsehen: Vielseitigkeit lautet eine der Devisen in Scharangs Leben. Neben den audiovisuellen Medien bedient sie sich auch des Radios, seit über zehn Jahren ist sie Moderatorin bei FM4, betreut dort etwa die wöchentliche Live-Talk-Sendung "Jugendzimmer“.

Aktuell arbeitet Scharang an einem Film über Jack Unterweger - ein Projekt, das sie schon seit zweieinhalb Jahren beschäftigt. "Ich hätte schon genug Material, daraus einen Dokumentarfilm zu machen“, so Scharang. Aber mittlerweile habe sie zu dem Fall eine gewagte These aufgestellt und um auf diese näher eingehen zu können, tendiere sie eher Richtung Spielfilm.

Die These verrät Scharang nicht. Nur so viel: "Wenn man bei Unterweger in den Akten nachliest, bleiben viele Fragen offen, es ergibt sich ein ganz anderes Bild.“ Genau das ist es auch, was für Scharang Qualität ausmacht: sich Zeit nehmen, die Unterlagen selber anschauen und nicht nachplappern, was davor schon zig Medien verbreitet haben. "Das dauert zwar ein bisserl, aber die Welt ist oft doch ein wenig anders, als sie in Kurzmeldungen vermittelt wird.“

Wenn diese kontinuierliche Qualität ihrer Arbeit jetzt mit dem Corti-Preis gewürdigt wird, schätzt Scharang das natürlich. Symptomatisch an Preisen, welche die Qualität honorieren, sei allerdings, dass sie selten einen finanziellen Hintergrund haben.

Dennoch der Qualität Vorrang zu geben, sei eine persönliche Entscheidung, die man im Laufe des Lebens trifft. "Das führt aber mitunter zu prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen“, so Scharang. "Ich bin zwar jetzt in einer Phase, wo das Umfeld wahrnimmt, dass ich viel erreicht habe. Das sind aber dann oft die Phasen, wo man nicht mehr weiß, wie man die Miete bezahlen soll.“ Qualität habe eben ihren Preis - und der werde selten mit Geld bezahlt.

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