"Hader muss weg" - und ist eigentlich wieder da: Nach zehn Jahren "Privat" präsentiert Josef Hader sein neues, bis dato bösestes Programm.
Zehn Jahre lang wandelte er durch die Kanalrohre Wiens, stellte Gott und Teufel - ganz "Privat" - auf die Probe und schickte träge Topfpflanzen zwecks Horizonterweiterung spazieren: In furiosen Grenzgängen zwischen Bettnässertum und Weltverbesserung hat Josef Hader das, was man früher Kabarett nannte, zu einem Ein-Mann-Kosmos geformt.
In seinem neuen Programm "Hader muss weg", das vergangene Woche (ausgerechnet zu Mariä Empfängnis und im kleinen Wiener Theater am Alsergrund) Premiere hatte, kehrt Josef Hader nun Himmel und Hölle den Rücken. Stattdessen bietet er eine sehr irdische, trashige Geschichte über "sieben verpfuschte Leben", in der sich manch schwarze Perle findet: über die österreichische Feigheit des Konjunktivs ("Dürfte ich Sie belästigen?"), über die vier Stufen einer Beziehung ("Zuneigung, Orgasmus, Verständnislosigkeit, Ekel") oder über Killer mit Charakter ("Bin ich ein Mörder?" "Natürlich: Du hast dich zum ersten Mal in deinem Leben auf etwas festgelegt!").
Bevor aber dieses "total unpolitische" Harakiri auf der Bühne beginnt, gönnt sich Hader hinter der Bühne ein wenig Psychohygiene: Vermeintlich ungehört (und vom Publikum erst nach einigen Minuten registriert) wettert sein Alter Ego ungewohnt deftig gegen Skoda-Fahrer und "Weichei-Wichser", gegen die Asylpraxis von Ernst Strasser - und das Schweigen des Wiener Kardinals, gegen die "abgesandelten Seniorenvereine" SPÖ und katholische Kirche, gegen die heuchlerische ÖVP - und die noch heuchlerischere Kabarett-Szene. Erst nach zwanzig Minuten merkt er, dass sein Funkmikrofon die Suada ins Publikum übertragen hat - und er neue Batterien braucht. Auf der Suche nach Ersatz verschlägt es Hader schließlich auf die Bühne.
Dort angekommen schlüpft er in die Haut von sechs weiteren, gescheiterten Existenzen: Hader mimt einen blasenschwachen Hader-Fan, dessen nervige Freundin, einen suizidgefährdeten Tankstellenbesitzer, einen falcoiden Bar-Pianisten, eine osteuropäische Schönheit, die herzzerreißend "Bei Männern, welche Liebe fühlen" aus Mozarts "Zauberflöte" haucht - und ihren Zuhälter, der so viel Ostcharme für eine Erpressung nutzt. Am Schluss - so viel sei verraten - ist knapp die Hälfte tot. Und Hader gleich doppelt: Erschossen, überfahren und unsittlich betastet endet er auf einer Straße am Rande Wiens.
Ein Plot wie im Film: Tatsächlich könnte Regisseur Wolfgang Murnberger ("Komm, süßer Tod", "Silentium") die nur aus Dialogen bestehende Geschichte bequem irgendwo jenseits von Floridsdorf in Szene setzen. Zumindest bis zur Pause: Ab dann verliert sich der begnadete Darsteller Hader bisweilen in seinen vielen Figuren.
Die nächsten Jahre werden Gelegenheit zum Feilen bieten. Zum Aktualisieren wurde Hader aber schon jetzt genötigt: Schließlich war Innenminister Strasser (Zufall oder nicht?) schon nach zweimaliger Hader-Schelte Geschichte.
Infos: www.hader.at, Karten: 01/96096