"Josef, war das notwendig ..."

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Josef Hader über seine erste Pressewesen-Lektion als Schülerzeitungsredakteur, den Aufruhr, den sein furche-Kommentar im Melker Seminar verursacht hat - und die zerstobene Hoffnung der Nöchlinger, dass er Pfarrer wird.

Josef Hader * 1962

Kabarettist

Die Furche: Wie kommt der 19-jährige Josef Hader zu einem Gastkommentar in der Furche?

Josef Hader: Ich habe damals beschlossen, Journalist zu werden und habe nach der Matura alle Zeitungen Österreichs angeschrieben: "Ich bin Maturant und möchte für ganz wenig Geld - oder auch nix - als Volontär arbeiten. Und ich habe zwei Mal einen Preis beim Reinhold Schneider-Wettbewerb in Freiburg im Breisgau gewonnen."

Die Furche: Zu welchem Thema?

Hader: Das erste war: "33 bis 45: Ist Geschehenes Vergangenheit?" Das zweite, das mich nicht so angeturnt hat, war die Enzyklika "Redemptor hominis". Aber ich wollte unbedingt wieder nach Freiburg: Da hat man drei Tage bis in die Nacht gefeiert, irrsinnig süßen Wein getrunken - der einem aber gut geschmeckt hat zu der Zeit - und ist dann mit brummendem Schädel bei den Podiumsdiskussionen gesessen.

Die Furche: Wie war das Feedback auf die Bewerbungen?

Hader: Die einzige positive Reaktion ist vom Leiter der Katholischen Medienakademie und Furche-Herausgeber Felix Gamillscheg gekommen, der mich dann in der Medienstelle der Erzdiözese Wien untergebracht hat. Dem hat vor allem der Hintergrund mit Melk gefallen. Ich war ja dort schon Schülerzeitungsredakteur und habe auch einen Schülerschaukasten gehabt, wo ich aktuelle Sachen hineingeschrieben habe. Ein bevorzugtes Ziel meiner Attacken war der Mittelschülerkartellverband: Die waren in meinen Augen zu nichts nütze - außer zum Saufen und Säbelschwenken. Meine erste Lektion punkto Pressewesen war übrigens, dass ein Lehrer daraufhin beim Direktor protestiert hat. Der hat dann zu mir gesagt, ich soll im Schaukasten darauf reagieren. Ich habe gemeint: Das kann ich gern machen, nur würde ich hineinschreiben, dass ich es für eine völlig jenseitige Auffassung von Erziehung zur Demokratie halte, dass jemand keinen Leserbrief schreibt, sondern gleich zum Direktor geht. Und der Direktor hat gesagt: OK. Das war die Qualität von Melk.

Die Furche: War die Furche in Melk präsent?

Hader: Natürlich, im Lesezimmer. Ich habe damals die Furche sehr interessant gefunden: ein bisschen komplizierter wie Präsent - aber schlussendlich lohnender ... Dann war da auch noch Die Wende, diese katholische Jugendzeitung. Der Roberto Talotta hat darin großartige Artikel geschrieben, bei denen ich mir gedacht habe: So möchte ich auch schreiben können. Das ist ein Beruf, wo man das Künstlerische und Erwerbsmäßige verbinden kann. Man weiß ja nie, ob man nicht zur Edelfeder wird.

Die Furche: Ein pointierter Furche-Kommentar war immerhin drin ...

Hader: Ich habe mich damals bemüht, einen sehr braven Artikel zu schreiben. Jetzt beim Durchlesen habe ich erst gemerkt, wie brav er wirklich ist. Er übt ganz verhalten Kritik. Und trotzdem war es ganz schlimm: Das Unglück war, dass genau damals die Diözese St. Pölten eine Werbeaktion für die bischöflichen Seminare gestartet hat. Deshalb ist dem Bischof Zak der Hut hochgegangen und er hat gleich den Rektor vom Seminar angerufen. Melk hat ja immer den Ruf gehabt, mehr daran interessiert zu sein, mündige Christen hervorzubringen als Priester. Und durch den Kommentar haben sie noch mehr Probleme bekommen und gesagt: Josef, war das notwendig ...

Die Furche: Das hat man sich vielleicht auch zu Hause bei Haders gedacht - der junge Josef hätte ja offenbar Priester werden sollen ...

Hader: Ja, das war Nöchling und und der Dorfpfarrer - und vor allem meine Oma: Die hätte sich sehr gefreut. Dann hat das bischöfliche Seminar von Melk einmal bei uns einen Pfarrsonntag veranstaltet, wo es zum ersten Mal eine rhythmische Messe gegeben hat - und am Nachmittag Theater. Ich war hellauf begeistert: Da wollte ich hin. Sie haben mich also im Grunde über das eingekauft, was mir wichtig war: Kultur. Die ganze Ausbildung zum Kabarettisten verdanke ich dieser Schule und diesem Internat. Denn hier habe ich Theater spielen gelernt, schlecht Klavier spielen und mittelmäßig singen - alles, was man als Kabarettist braucht. Und wenn ich als Kind hie und da Pfarrer werden wollte, dann wahrscheinlich deswegen, weil ich noch wichtiger sein wollte als ein Ministrant: Ich wollte einfach oben stehen und Anerkennung haben.

Die Furche: Ist Anerkennung auch heute noch die Hauptantriebsfeder?

Hader: Vielleicht, aber das würde ich jetzt nicht zugeben. Oder einfach nur der Spieltrieb: Dieser Kick, wenn man auf eine Bühne geht und nicht weiß, wie das wird, diese kleinen Adrenalinschübe.

Die Furche: Es geht nicht darum, eine Botschaft ans Publikum zu bringen?

Hader: Nein, ich bin eigentlich der Forschungsreisende, der etwas über sich und die anderen Menschen erfahren will. Was ich weitergeben will, sind Informationen über die menschliche Existenz. Mehr ist es nicht. Es ist nicht so, dass ich eine Lösung für etwas hätte. Daran habe ich nie geglaubt. Ich bin zwar katholisch erzogen worden, aber gleichzeitig humanistisch. Meinen Urkick als Jugendlicher habe ich auch nicht bei der Bibel gehabt, sondern bei den sokratischen Dialogen von Platon. Da ist quasi als einziger Wert die Erkenntnis übrig geblieben, dass man nichts wirklich wissen kann. Das war genau mein Lebensgefühl - und ist es eigentlich bis heute.

Das Gespräch führte Doris Helmberger.

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