„A bendland in Christenhand“ – Empörung?! Was sind das für Zeiten, wo ein HC Strache’scher Slogan schon harmlos wirkt. Zumindest, wenn man über den westlichen Zaun schaut und beobachtet, wie in der Schweiz Kulturkampf geprobt wird. „Minarett-Initiative“ heißt der aktuelle Aufreger dort, und die hat nicht mehr und nicht weniger das Ziel, ein Verbot des Baus von Minaretten gleich in der Schweizer Verfassung zu verankern. Ende November wird das Volk abstimmen, und man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn solches Verbot Wirklichkeit würde.
Das mediale Feuer der im Umfeld der SVP, der Schweizer Ausgabe der FPÖ, angesiedelten Initiative ist atemberaubend: Ein Plakat, auf dem Minarette wie Raketen aus der Schweizer Fahne herausragen, wurde von einigen Städten verboten – „Zensur!“ geiferten daraufhin die „Initianten“ und deren publizistische Claqueure. Ähnliche Diskussionen löste ein Online-Spiel aus, in dem brave Eidgenossen Minarette und Muezzine per Mausklick „abschießen“ können.
Man kann die Minarett-Initiative aber längst nicht mehr als fiebrige Fantasie einiger Rechtspopulisten abtun. Denn das Thema ist auch mitten im Mainstream der veröffentlichten Meinung in der Eidgenossenschaft angekommen. Roger Köppel, auch jenseits der Schweizer Grenzen wohl bekannter Chefredakteur der Weltwoche, verglich den allfälligen Minarett-Baustopp gar mit dem Verbot des Jesuitenordens, der bis 1973 (!) in der Schweiz nicht wirken durfte. „Auch der militante Katholizismus musste zuerst abkühlen und in institutionelle Bahnen geleitet werden. Den Muslimen ist Gleiches zuzumuten“, so Köppel wörtlich.
Das Jesuitenverbot in der Schweiz war eine flagrante Missachtung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit. Dass eine einst rechtsliberale Zeitung diese Menschenrechtsverletzung als Argument gegen den von ihr fast ausschließlich als Bedrohung identifizierten Islam in Stellung bringt, spricht für sich.
