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Em Bildhauer und seine Spiele

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Die Neue Galerie in der Grünangergasse ist der Schauplatz einer Ausstellung von Werken des amerikanischen Bildhauers Alexander C a 1 d e r. Wir vermuten, daß 6ie in dem in Dingen der bildenden Kunst traditionalistisch denkenden Teil des Wiener Kunstpublikums beträchtliches Aufsehen und vermutlich auch eine im selben Maße heftige Abwehr erregen wird. Denn erstens sind diese Kunstgegenstände höchst ungegenständlich, zweitens aus Draht und Metallscheiben geformt, und drittens sind sie beweglich — das heißt die einzelnen Draht- und Metallteile sind mit feinen beweglichen Gelenken anein-aridergebunden und reagieren auf den leisesten Anstoß mit graziösen Schwingungen und Drehungen. Es heißt, daß Calder bei einer früheren Exposition Hinweise an die Wände klebte: Wir bitten, die Ausstellungsobjekte auf jeden Fall zu berühren.“ Und das tut man denn auch, und siehe da, unversehens findet sich der Betrachter in die Rolle eines Spielenden versetzt, der mit stoßbereitem Zeigefinger von Objekt zu Objekt geht, bis der ganze Raum mit zitternden, schwankenden, anmutigen Bewegungen erfüllt Ist und sich ferne Assoziationen an windberührte Bäume oder Blumen einstellen. Diese abstrakten Dinge gewinnen, indem sie den Spieltrieb des Vorübergehenden wecken und ihn zwingen, sich mit ihnen zu beschäftigen, auf eine bizarre, aber vergnügliehe Art „Funktion“. Die Frage, ob das nun Kunst sei oder Kunsthandwerk, ist kaum zu beantworten; man erinnert sich immerhin jener komplizierten Stroh- und Buntpapiergebilde, die jetzt in den Volkskundemuseen zu finden sind, früher einmal aber an der Decke von Bauernstuben hingen, um, durch die aufsteigende warme Herdluft in Drehung versetzt, ihre räumliche Umgebung zu beleben. Ähnlichen Zwecken sollen ja wohl auch die „Mobiles“ Calders dienen, diese abstrakten Ornamente im Zustand holder Entrücktheit. Gleichviel wie man sie in die Kunstgeschichte der Moderne einreihen will: sie haben Geist und bewirken Heiterkeit. Der Art-Club, unter dessen Patro-nanz diese Ausstellung steht, hat's am Arrangement nicht fehlen lassen: der Architekt A u b ö c k verstand es, mit sparsamsten Mitteln und einigen Lichteffekten den Arbeiten Calders einen sehr ansprechenden Rahmen zu geben, und der Graphiker Kurt Schwarz hat ein Plakat und einen Ausstellungkatalog entworfen, die man guten Gewissens als Meisterleistungen des Geschmacks preisen darf.

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