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Schüsse vom Klavier

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Das Wiener Konzerthaus spielt von 22. bis 29. April Filme mit Live-Musik: „Ben Hur”, „Panzerkreuzer Potemkin”, Filme mit Charlie Chaplin, von Fritz Lang. „Die großen Uraufführungskinos in Wien - zehn bis zwölf - waren alle mit Filmorchestern bestückt, die mit den Opernhäusern konkurrieren konnten”, sagt Hans Koizar, Filmpromotor für amerikanische Firmen in Österreich. Als Vizepräsident des Verbandes privater Filmproduzenten in Österreich animierte er in den fünfziger Jahren einen Klavierfabrikanten, das Bellaria-Kino zu kaufen. „Ich wollte ein Kino wie die ,Kurbel' in Berlin als ständiges Reprisenkino führen.” Heute bringt Koizar auch die alten Stars für Autogrammstunden in dieses Reprisen-Kino. „Die Kinos waren in den zwanziger, dreißiger Jahren voll, die Leute hatten für das Kino auch mehr Geld. Im Apollo-Kino kostete eine Karte 50 Groschen - das wären heute 15 bis 30 Schilling”, sagt Koizar.

„Die großen Filme wurden mit Partitur verschickt. Hauptberufliche Musiker spielten die musikalische Begleitung - als der Tonfilm kam, 1929, begann für sie das Elend. Die Orchester der Filmateliers fingen nur wenige Musiker auf. Auch das Bellaria Kino hatte ein Ensemble bestehend aus Geige, Klavier und Schlagzeug. An der Stelle des Untertitels sah man das Brustbild eines

Dirigenten, der das Filmorchester dirigierte.

„Die Untermalungsmusik des heutigen Films ist ein Produkt der Stummfilmzeit. Erste Tonfilme waren nur gesprochen - später kam die Musik dazu. Die Stummfilmmusik war sehr illustrativ, sie hat das Bild zwangsläufig unterstützen müssen.”

„Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche” - hieß ein Schlager in den dreißiger Jahren, und Hans Koizar erzählt, daß die Geräusche teilweise mit anderen Geräten erzeugt wurden. „Ein Klavierdeckel imitierte Schüsse, die nie getroffen haben.” Je besser eine Filmmusik ist, umso weniger fällt sie auf. Was wäre der Film aller Filme - „Vom Winde verweht” - ohne Musik?

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