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ZEICHNUNG UND ORIGINAL

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„Das Böhmen ist ein eigenes Land, ich bin dort immer gern gewesen”, sagte Goethe zu Eckermann. Er fand in den böhmischen Kurorten nicht nur Erholung und Genesung, sondern auch Inspiration und Muße zur Arbeit. In seinen Werken schildert Goethe oft die Landschaft Böhmens, und die Eindrücke und Stimmung hielt er oft in Gedichten, zum Beispiel in seinen bekannten „Marienbader Elegien”, und auch in wenig bekannten Zeichnungen fest.

Nicht alle sind richtig identifiziert worden. Bei manchen nahmen die Goethe-Forscher irrtümlich an, daß sie aus Italien oder aus der Schweiz stammen. Dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Weimarer Instituts für klassische deutsche Literatur, Dr. G. Femmel, ist es in Zusammenarbeit mit dem Direktor des Museums in Karlovy Vary (Karlsbad), Jiri Koudelka, gelungen, mit Hilfe zahlreicher zeitgenössischer Bilder und photographischer Studien drei Goethe- Zeichnungen, deren Ursprung ungewiß war, zu bestimmen und Irrtümer richtigzustellen.

So wußte man vor kurzem noch nicht, wo die Zeichnung des pseudogotischen Kirchleins am Fuße eines bewaldeten Berges entstanden ist (Bild 1). Jiri Koudelka hat nun das Kirchlein in Pirkenhammer bei Karlsbad gefunden und photographiert. Der Berghang ist zwar inzwischen mit Gestrüpp bewachsen und das Kirchlein wurde anfangs des 19. Jahrhunderts umgebaut, aber sonst ist dort die Landschaft wie zu Goethes Zeiten (Bild 2).

Eine weitere Zeichnung Goethes stellt das Egerer Tor in Karlsbad mit dem Felsen des heiligen Bernhard und einer Kapelle an der Felsenquelle dar. Man nahm an, daß die Zeichnung aus Italien stammte. Durch Vergleichsstudien wurde einwandfrei festgestellt, daß Goethe den Bernhardsfelsen, die Tepei mit dem Wehr, das Egerer Tor und die Kapelle am Felsenquell, die umgebaut wurde, gezeichnet hat (Bild 3). Zum Vergleich wurden Zeichnungen von Adrien Zingg und Ludwig Buquoy benützt, die dieselbe Landschaft zu einem anderen Zeitpunkt festhielten. Heute steht an diesem Ort die Mühlbrunnkolonnade und der Felsenquell (Bild 4 und 5).

Niemand wußte auch bisher, wo Goethe die Kapelle am Weg (Bild 6) gezeichnet hat, da er es selbst nicht vermerkte. Jiri Koudelka hat nun im Stadtarchiv festgestellt, daß es die Schwarzkapelle am Schloßberg ist.

So wird Schritt für Schritt, durch die Zusammenarbeit von Weimar und Karlovy Vary, die zeichnerische Hinterlassenschaft Goethes geprüft und seine Zeichnungen identifiziert.

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