Leerlauf zweier Stars

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"Die Sunshine Boys" von Neil Simon im Wiener Akademietheater.

Zwei gealterte Komiker reiten in den Sonnenuntergang und tragen dabei ihre Konflikte aus jahrzehntelanger gemeinsamer Arbeit aus. Davon handelt Neil Simons Komödie "Die Sunshine Boys", die gerade am Wiener Akademietheater Premiere hatte. Zu Beginn der Aufführung reiten sie buchstäblich auf einem Turnpferd: Casting für einen Werbespot über Tortilla-Chips zu Speedy-Gonzalez-Musik mit Sombrero auf dem Kopf. "Wenn ich mich in den Spiegel schaue, ist das Eitelkeit, wenn du dich in den Spiegel schaust, ist das Tapferkeit!" Mit Pointen dieser Art turnten sich Willi Kralik (Gert Voss) und Heinz Stein (Ignaz Kirchner) als Komikerduo erfolgreich durch das Showbusiness. Doch nach 43 Jahren hörte Heinz plötzlich auf, ließ Willi stehen, der ihm diesen Schritt - und die Art, wie Heinz ihn bei 11.000 Auftritten mit dem Finger zwischen die Rippen gestoßen hat - auch elf Jahre später nicht vergessen und verziehen hat.

Als nun Louis Goldammer, Willis Neffe und Agent, die beiden für das Projekt "Geschichte der Komik von der Antike bis heute" gemeinsam vor die Kamera holen will, steht das naturgemäß unter keinem guten Stern. Die zwei alten Herren schenken einander nichts, und das Comeback scheitert. Während sie ihre größte Erfolgsnummer, den "Doktor-Sketch", neu einstudieren, bricht Willi zusammen. Seine Karriere ist endgültig vorbei, er willigt ein, in die ,,Seniorenresidenz für ehemalige Bühnenangehörigen" zu übersiedeln. Wenig überraschende Pointe: Auch Heinz wird ihm bald dorthin folgen, die Dialoge münden in alte Sketches, die Sketches wieder in Dialoge, auf jeden Fall gehen die Auseinandersetzungen weiter ...

Offenbar setzt das Burgtheater - wie schon bei "Feuerwerk" und "Entertainer" - immer mehr auf Unterhaltungstheater. Aus Gerty Agostons Übersetzung des NeilSimon-Klassikers haben Ursula und Gert Voss eine aktuelle, auf den deutschen Sprachraum zugeschnittene Textfassung erarbeitet. So geraten Scherze, die man als Ausfluss des amerikanischen Showbusiness noch hinnehmen würde, vor einer Bildwand mit Starporträts von Charly Chaplin bis Woody Allen im Hintergrund (Ausstattung: Katrin Brack) mehr und mehr zu plumpem deutschem Klamauk.

Voss, der auch für die Regie verantwortlich zeichnet, und Kirchner machen sich aus dem Ausflug ins Entertainment sichtlich eine Hetz. Als dem Nikotin, dem hastigen Essen von Spaghetti und Kriegsfilmen zugetaner Willi wirkt Voss aggressiver und boshafter als der penibel auf sein Äußeres und auf gesunde Ernährung bedachte Heinz. Um jedes Andeuten von tiefer gehenden Themen (etwa Altern in Würde oder das nach Jahrzehnten fast unvermeidliche Abnützen von Beziehungen jeder Art) macht diese Inszenierung freilich einen weiten, auf krampfhafte Lustigkeit setzenden Bogen. Ein Hoch der Schaumschlägerei und dem verrutschten Toupet! Doch diese Art von Unterhaltung wirkte bei Leuten wie Harald Juhnke oder Eddie Arent, an die man bei dieser Produktion immer wieder denken muss, einfach stimmiger.

Der Premierenapplaus für die Protagonisten, zwischen denen sich Hans Dieter Knebel (Louis) als Vermittler und Ringrichter gut zu behaupten wusste - ein halbwegs normaler Mensch zwischen zwei selbstverliebten Gockeln -, war freundlich, hielt sich aber in Grenzen.

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