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Eine Ausstellung im Wien Museum zeigt die Mechanismen der "Arisierung" jüdischen Besitzes.

Arisierung, das heißt die systematische Beraubung der jüdischen Bevölkerung während des Dritten Reiches, verbirgt sich oft hinter scheinbar ganz normalen Kaufverträgen. In Wien kam jeder dritte Immobilienkaufvertrag, der in der ns-Zeit abgeschlossen wurde, unter Zwang zustande. Zu dieser Erkenntnis kamen drei Historiker - Harald Wendelin, Verena Pawlowsky und Edith Leisch-Prost -, die im Auftrag der Stadt Wien alle 12.538 im Besitz der Gemeinde befindlichen Liegenschaften untersuchten und jene herausfilterten, die den ursprünglichen Besitzern unrechtmäßig entzogen worden waren. Die Forschungsergebnisse werden im Rahmen der Ausstellung "Verkauft. Enteignet. Verbüchert" im Wien Museum Karlsplatz präsentiert.

Am Beispiel mehrerer Immobilien eröffnet die Schau einen Blick auf die Mechanismen der Arisierung. Jüdische Organisationen etwa wurden bald nach dem Anschluss enteignet. Privateigentümer standen unter massivem Druck, ihren Besitz zu veräußern. Vom Verkaufserlös sahen sie meist keinen Pfennig, denn das Geld wurde auf Sperrkonten gelegt oder zur Abdeckung von eigens eingeführten Abgaben wie der "Reichsfluchtsteuer" verwendet. Ende 1941 erklärte ein Gesetz alle nicht mehr im Deutschen Reich lebenden Juden für ausgebürgert und ihr gesamtes verbliebenes Vermögen für verfallen.

Die Gemeinde Wien trat freilich nur in wenigen Fällen selbst als Ariseur auf, sondern erwarb die entsprechenden Liegenschaften erst nach 1945. Etwa das Grundstück, auf dem sich die Synagoge der Josefstadt befand, bis diese während des Novemberpogroms 1938 niedergebrannt wurde. Heute steht hier ein Gemeindebau. Allerdings wurde es den Nazi-Opfern nach dem Krieg trotz eindeutiger Beweislage nicht leicht gemacht, ihre Ansprüche durchzusetzen. Knapp bemessene Fristen, eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze, komplizierte Verfahren sowie die schwierige Bemessung des Schadens erschwerten den Geschädigten den Zugang zum Recht. Nicht selten verzichteten sie daher im Rahmen eines Vergleiches auf die Rückstellung und einigten sich mit den Entziehern auf eine Geldleistung.

Verkauft. Enteignet. Verbüchert.

Wiener Liegenschaften 1938-1945

Wien Museum Karlsplatz

Bis 29. 1. Di-So 9-18, Mi 9-20 Uhr

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